EU-Kommission: Anachronistischer Vorstoß zur Förderung der Atomkraft
Die Pläne von EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia zur Subventionierung neuer Atomkraftwerke in der EU nennt der Leiter Politik und Presse der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Gerd Rosenkranz, „anachronistisch und absurd“. Dies sei der Versuch, die Energiewende hin zu den Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz als Funktionsprinzip eines neuen Energiesystems einzudämmen und dauerhaft zu verhindern.
Gerd Rosenkranz: „Der Versuch der EU-Kommission einer Branche, die ihre Zukunft längst hinter sich hat, mit Staatsgeldern neues Leben einzuhauchen, ist anachronistisch und absurd. Er ignoriert die verheerenden Erfahrungen von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima und Dutzende von Beinahe-Katastrophen in den vergangenen Jahrzehnten. Er ist auch ein Versuch, die Energiewende hin zu den Erneuerbaren Energien und Energieeffizienz als Funktionsprinzip eines neuen Energiesystems einzudämmen und dauerhaft zu verhindern. Jeder weiß, dass Atomkraftwerke wegen ihrer eingeschränkten Steuerbarkeit, auch jenseits aller ungelösten Sicherheits- und Entsorgungsfragen, nicht als Ergänzung der Energiewende taugen.
Vor allem aber zeigt der Vorstoß der EU-Kommission erneut, dass Atomkraft in einem Strommarkt nirgendwo auf der Welt eine ökonomische Chance hat, sich durchzusetzen: Sie funktioniert nur ohne Strommarkt, als staatliche Veranstaltung oder hochsubventioniert durch Steuergelder. Nicht nur die Katastrophenrisiken der Atomkraft sind einzigartig. Sie ist auch weltweit und in der Wirtschaftsgeschichte die einzige Technologie, die fast sechzig Jahre nach ihrem kommerziellen Start erneut staatliche Markteinführungshilfen für sich beansprucht.
Das genau ist der Unterschied zur Förderung der Erneuerbaren Energien, die sich tatsächlich in der Markteinführungsphase befinden und mit Riesenschritten zur günstigsten Form der Energiebereitstellung werden. Wir warten gespannt auf eine klare Aussage des zuständigen EU-Kommissars und Merkel-Abgesandten in Brüssel, Günther Oettinger, gegen diesen unverblümten Angriff auf die deutsche Energiewende.“
Der energiepolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Hans-Josef Fell, über die Pläne von EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia zur Subventionierung neuer Atomkraftwerke in der EU: „Seit Jahren versuchen die Lobbyisten aus der britischen, französischen und osteuropäischen Atomwirtschaft die Atomkraft nach EU-Recht beihilfefähig zu machen. Schon dies ist ein klares Zeichen dafür, dass die Atomkraft unwirtschaftlich ist.“
Darauf habe in dieser Woche auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hingewiesen, die sich die Zahlen angeschaut haben, mit denen die EU-Kommission zum Thema Energie arbeitet. Das Urteil ist klar: Die EU-Kommission unterschätzt gerne die Kosten für die Atomenergie und überschätzt die Kosten für den Ökostrom So sind die Kosten für die Photovoltaik schon heute teilweise niedriger, als von der Kommission erst für 2050 erwartet wird. Gleichzeitig werden die Kosten für die Atomenergie niedrig gehalten, wobei „weder in Europa, noch an einem anderen Ort dieser Welt (…) jemals ein Atomkraftwerk unter marktwirtschaftlichen Bedingungen gebaut worden“ ist, so die Expertinnen und Experten vom DIW.
„Nun geht EU-Wettbewerbskommissar Almunia aber wohl trotzdem offensiv auf die Lobbyistenwünsche der Atomkonzerne und dessen Regierungen ein. Und will unter dem Deckmantel der CO2-Freiheit – was ja nicht stimmt, weil auch Atomreaktoren in ihrem Brennstoffkreislauf viel CO2 emittieren – und unter Missachtung der Radioaktivitätsprobleme die Atomkraft einer Renaissance zuführen“, so Fell weiter. „Wirtschaftlich ist das Humbug, denn alle Neubauten in Europa (Finnland oder Frankreich), sind nichts anderes als riesige Finanzdesaster. Und dies obwohl sie schon massive ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile wie beispielsweise die weitgehende Haftungsfreistellung erhalten. So sind sie im Schnitt für etwa eine Milliarden Schadensbilanz abgesichert. Der Schaden der in Fukushima verursacht wurde Betrug zum Vergleich 100 Milliarden Euro.“
Fell weist noch darauf hin, dass seiner Ansicht nach der Vergleich mit den Erneuerbaren Energien in der „Süddeutschen Zeitung“ falsch ist. Das EEG sei - anders als die „Süddeutschen Zeitung“ darstellt - keine Beihilfe und habe deswegen auch keine „erleichterte Beihilferegeln“ bekommen. Genau dies habe der europäische Gerichtshof im Jahr 2002 bestätigt.
„Allerdings versucht die EU-Kommission unter Kommissar Almunia das EEG als Beihilfe zu definieren, wofür er als Einfallstor die möglicherweise anstehende Prüfung der Ausnahmetatbestände für deutsche Unternehmen bei der EEG Umlage nutzt. Es ist nicht hilfreich, wenn die Süddeutsche in ihrer berechtigten Kritik an Almunias Vorgehen bei der Atomenergie die Beihilfesituation des EEG falsch darstellt. Denn genau aus solchen Fehlern können sich politische Fehlentwicklungen aufbauen“, warnt Fell.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH), Hans-Josef Fell (MdB), Sprecher für Energie der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen
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