„Handeln im Klimaschutz ist um Längen günstiger als Nichthandeln“
In seiner 700 Seiten starken Studie für das britische Finanzministerium beziffert der frühere Weltbank-Chefökonom Nicholas Stern die Kosten des Klimawandels durch unterlassenes Handeln auf jährlich mindestens 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das Ausmaß der drohenden ökonomischen und sozialen Verwerfungen im Falle von Untätigkeit sei mit den beiden Weltkriegen und der Weltwirtschaftskrise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts vergleichbar, warnte Stern. Diese Entwicklung wäre dann kaum oder gar nicht mehr umkehrbar.
In einer breiteren Abgrenzung der Risiken und Einflüsse könnten die Kosten sogar auf bis zu 20 Prozent des BIP steigen. Anstrengungen, die Treibhausgas Emissionen zu reduzieren, schlügen dagegen jährlich nur mit etwa 1 Prozent des BIP zu Buche. „Der Klimawandel ist das größte Marktversagen, das die Welt je gesehen hat“, rügt Stern. Um dies zu korrigieren, müsse die Politik dem Kohlendioxyd-Ausstoß durch Steuern Emissionshandel oder Regulierung einen Preis geben, die Entwicklung und den Einsatz klimafreundlicher Technologien durch eine Vervielfachung der Forschungsmittel unterstützen, die Energieeffizienz fördern und die Bevölkerung überzeugen, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Laut dem Potsdam Institut für Klimafolgenforschung haben die menschengemachten Treibhausgase in der Atmosphäre bereits jetzt Konzentrationen erreicht, die für die letzten Jahrmillionen beispiellos sind. Wirtschaftet die Menschheit weiter wie bisher, könnte sich unser Planet bis zum Jahr 2100 um 5 Grad Celsius erwärmen. Ein ungebremster Klimawandel könnte zudem eine Reihe von „Kippschaltern“ im Erdsystem (wie den Amazonasregenwald, das El Nino-Phänomen oder den Indische Monsun) umlegen und die Betriebsweise ganzer Subkontinente und Meeresbecken auf den Kopf stellen. Sich gegenseitig aufschaukelnde Wechselwirkungen könnten schließlich sogar einen „galoppierenden Treibhauseffekt“ auslösen, so die Wissenschaftler.
Es bestehe jedoch die Möglichkeit, solch einen gefährlichen Klimawandel zu vermeiden, indem die globale Erwärmung auf höchstens 2 Grad Celsius begrenzt wird, was bedeutet, dass die atmosphärische CO2–Konzentration 450 ppm nicht übersteigen darf. Dies wiederum erfordere die Reduktion der zivilisatorischen Treibhausgasemissionen im 21. Jahrhundert um etwa 1 Prozent pro Jahr. Zwar zeigten neueste sozioökonomische Analysen, dass entsprechenden Maßnahmen das globale Wirtschaftswachstum bis 2100 um nur 3 Monate verzögern würden, nichtsdestotrotz erfordere die Anpassung an den Klimawandel eine globale „Kulturrevolution“, bei der Stadt- und Landleben neu definiert werden müssten.
Quelle: Bund der Energieverbraucher, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
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