DUH: Zurück zur Solidarität bei der Energiewende!
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) wirft der Bundesregierung vor, die Energiewende durch den gestern (11.10.2012) von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) präsentierten Verfahrensvorschlag zur Neuregelung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes erneut bewusst auszubremsen. Die geplante Reform des Gesetzes schwäche den Ausbau der Erneuerbaren Energien, statt den Anpassungsbedarf des EEG zu klären. Die DUH kritisiert auch, dass sich die Bundesregierung inzwischen vom Gedanken einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung zugunsten von Geschenken an die Industrie verabschiedet hat.
Entsprechend fordert die Deutsche Umwelthilfe, die Kriterien für die Befreiung von der EEG Umlage zu verschärfen und das Eigenstromprivileg abzuschaffen. Einseitige Geschenke an die Industrie in Milliardenhöhe seien angesichts der nur gemeinsam zu bewältigenden Energiewende nicht gerechtfertigt und zudem unsolidarisch, so die DUH in einer Pressemitteilung.
Aus Sicht der DUH beabsichtigt der Bundesumweltminister, das bisherige im EEG festgelegte Ziel aufzuweichen, nachdem der Anteil Erneuerbarer Energien an der Stromversorgung bis spätestens 2050 auf mindestens 80 Prozent zu erhöhen sei. Stattdessen will Altmaier dieses Ziel nun auf höchstens 80 Prozent begrenzen. „Umweltminister Altmaier setzt die völlig falschen Signale für die Energiewende. Statt entschlossen voranzugehen, gefährdet er das Gelingen der großen Transformation, indem er nach der Deckelung der Solarförderung nun auch den Ausbau von Windenergie und Biomasse beschränken will. Das ist der Kniefall vor der FDP und Wirtschaftsminister Philipp Rösler“, sagt der Bundesgeschäftsführer der DUH, Michael Spielmann.
Eine weitere Begrenzung des Ausbaus soll durch die Anpassung an den mangelnden Netzausbau und an die konventionellen Kraftwerke erfolgen. „Die DUH hat Vorschläge gemacht, wie mit dem vorhandenen Netz mehr Windstrom transportiert werden kann. Die bestehende Struktur darf nicht zum Bremsklotz der Energiewende werden und den Erneuerbaren-Ausbau als Motor der Transformation ins Stottern bringen“, so Spielmann weiter.
Statt den Ausbau der Erneuerbaren zu blockieren, müsse die Politik dringend zur ursprünglichen Idee des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) zurückkehren. Diese sieht eine Verteilung der Kosten für den Ausbau der regenerativen Energien auf private Haushalte, öffentliche Einrichtungen, mittelständische Unternehmen und die Industrie gemeinsam vor - durch die so genannte EEG Umlage über den Strompreis. Die gegenwärtige Situation auf dem Strommarkt ist jedoch eine vollkommen andere: Mit dem im Sommer 2011 verabschiedeten EEG 2012 hat sich dieselbe Bundesregierung, die kurz davor noch die beschleunigte Energiewende ausgerufen hatte, vom Gedanken der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung verabschiedet - zu Lasten der privaten und nicht-privilegierten Stromverbraucher.
„Ganz offensichtlich sehen Energiewende-Gegner innerhalb und außerhalb der schwarz-gelben Regierung in der Preisdiskussion den entscheidenden Hebel, die Stimmung im Land gegen die Energiewende zu drehen“, sagt die Leiterin Klimaschutz und Energiewende der DUH, Cornelia Ziehm und fordert: „Wenn Sie die Energiewende wirklich wollen, dann kehren Sie zurück zur Solidarität und verteilen die Kosten der Energiewende gerecht, Frau Merkel.“
Der Grund für die ungleich verteilten Kosten der Energiewende sind die „Besondere Ausgleichsregelung (BesAR)“, mit der sich Unternehmen von der EEG Umlage befreien lassen können, sowie die Ausgestaltung des so genannten Eigenstromprivilegs im EEG 2012, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Die nach der BesAR privilegierten Unternehmen verbrauchen zwar 18 Prozent des Gesamtstroms, zahlen aber nach Angaben der Bundesnetzagentur nur 0,3 Prozent der EEG Umlage.
Das Absurde daran: Weil der Strompreis an der Börse mit jedem Zuwachs eingespeister erneuerbarer Energien sinkt, profitieren insbesondere die Unternehmen, die zum Ausbau des Ökostroms faktisch nichts beitragen. Die Folge: Die strompreisdämpfende Wirkung der EEG geförderten Strommengen betrug nach Angaben des Bundesumweltministeriums in 2011 rund 0,9 Ct/kWh. Bei Privathaushalten und mittelständischen Unternehmen kommt die Kostenreduktion jedoch nicht an.
Für das kommende Jahr haben über 2000 deutsche Unternehmen - und damit mehr als doppelt so viele wie noch für 2012 - die Befreiung von der EEG Umlage beantragt. Weil in der Konsequenz wenige Schultern die Last vieler tragen müssen, erhöht sich die Umlage für die nicht-privilegierten Stromverbraucher. Für diese stieg 2011 die EEG Umlage infolge der Besonderen Ausgleichsregelung rechnerisch um etwa 21 Prozent.
Für nicht-privilegierte Industrieunternehmen sowie die Bereiche Gewerbe, Handel und Dienstleistung und auch für die privaten Haushalte ist deshalb in 2012 mit einer Zusatzbelastung von jeweils etwa 800 Millionen Euro zu rechnen. Die DUH fordert, die Bedingungen für die Befreiung von der EEG Umlage zügig zu verändern und die Industrie nicht weiter mit Milliardengeschenken zu belohnen, während nicht-privilegierte Unternehmen und Privathaushalte die Energiewende allein bezahlen.
„Dass inzwischen Unternehmen mit einem jährlichen Strombezug von nur einer Gigawattstunde (GWh) pro Geschäftsjahr und Abnahmestelle bereits von der EEG Umlage befreit werden, ist vollkommen unverständlich“, sagt Cornelia Ziehm. Ein weiterer Grund für die ungerechte Verteilung der Kosten ist nach Ansicht der DUH-Energieexpertin die Befreiung von der EEG Umlage für so genannte Eigenstromerzeuger. Die Regelung sollte ursprünglich ab 2012 gestrichen werden. Jedoch sind Unternehmen weiterhin von der EEG Umlage befreit, wenn ihr Eigenstrom bereits vor dem 1. September 2011 durch das öffentliche Netz geleitet wurde. In diesem Zusammenhang wird die Umverteilungswirkung im Jahr 2011 mit rund 1,7 Milliarden Euro beziffert.
Die DUH appelliert an Peter Altmaier, seiner Position als Bundesumweltminister endlich gerecht zu werden und sich für eine solidarische Verteilung der Kosten bei der Energiewende einzusetzen. Mit seinem Kommentar, dass die Befreiung von Unternehmen wie Hähnchenmastbetrieben bei der EEG Umlage die Energiewende keinesfalls verteuert, banalisiere und leugne er das tatsächliche Problem der massenhaften Begünstigung von Unternehmen. Ein Ende der verbraucherfinanzierten Geschenke an die Industrie, wie gestern von Altmaier angekündigt, sehe anders aus.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)
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