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23.08.2012

Keine Lust auf Energieeffizienz

Das politische Kesseltreiben gegen die Erneuerbaren Energien in Deutschland geht weiter. Als „Strompreistreiber“ werden sie (fälschlicherweise) bezichtigt, von „Subventionen“ wird (fälschlicherweise) gesprochen – auch und gerade vonseiten derjenigen, die es eigentlich besser wissen müssten. Wie immer, wenn mit dem Finger auf eine Sache gezeigt wird, zeigen drei Finger in Richtung des Anklägers. Beispiel EU-Effizienzrichtlinie: Nicht nur die endlose Debatte zeigt den mangelnden Willen der Bundesregierung – sie liefert nebenbei ein aufschlussreiches Beispiel dafür, welche Lobbygruppen in Berlin das Sagen haben.

Rückblende: Bereits 2007 setzte sich die EU in ihrer 20-20-20-Strategie zum Ziel, bis 2020 den CO2-Ausstoß um 20 Prozent zu verringern, den Anteil der Erneuerbaren Energien auf 20 Prozent zu steigern und 20 Prozent des Energieverbrauchs durch Effizienzmaßnahmen einzusparen. Um die Steigerung der Energieeffizienz zu erreichen, arbeitete die EU-Kommission die sogenannte Effizienzrichtlinie aus, die in Ausschüssen des Parlaments inzwischen zu einem Kompromiss überarbeitet wurde. Unter anderem ist vorgesehen, die Energieversorger dazu zu verpflichten, jährlich 1,5 Prozent weniger Energie zu verkaufen. 

Die Einsparungen sollen durch Maßnahmen bei den Endkund/innen wie z.B. Wärmedämmung oder Stromsparinitiativen erreicht werden. Daneben soll die öffentliche Hand ihre Sanierungsquote bei Bestandsgebäuden auf 2,5 Prozent anheben, Verbraucherinnen und Verbraucher sollen durch zwingend vorgeschriebene intelligente Zähler ihren Energieverbrauch und ihre Rechnungen besser kontrollieren können. Die Zustimmung im EU-Parlament scheint sicher, einige sprechen gar von einer „Effizienz-Euphorie“ im Plenum. Fehlt nur noch die Zustimmung der EU-Länder im Europäischen Rat – doch diese droht am Widerstand einzelner Länder, angeführt durch den Platzhirsch Deutschland, zu scheitern.

Die Bundesregierung sperrt sich vehement gegen alle verbindlichen Zielsetzungen. Vielmehr verabschiedeten der amtierende Wirtschaftsminister Rösler und der ehemalige Umweltminister Röttgen ein eigenes Ergebnispapier mit einem Kompromissvorschlag, der mehr Flexibilität für die einzelnen Mitgliedstaaten fordert und nach dem Maßnahmen aus der Vergangenheit angerechnet werden könnten. Rösler lehnt Vorgaben gegenüber Energieversorgern als „Planwirtschaft“ ab.

In Brüssel herrscht völliges Unverständnis über diesen Bremsklotz. „Die Sache ist schwierig, weil es mächtige Konzerne gibt, die sehr viel Geld mit dem Verkauf von Energie verdienen. Wo viel Geld verdient wird, da ist viel Lobbyismus im Spiel“, weiß Claude Turmes, Grünen-Abgeordneter aus Luxemburg und Berichterstatter des EU-Parlaments zur Effizienzrichtlinie. Bei der Bundesregierung scheint die Lobbyarbeit der Stromkonzerne jedenfalls zu fruchten. Unterstützt werden diese von den bei CDU und FDP einflussreichen Industrieverbänden. Der Bundesverband der Deutschen Industrie forderte in einer Stellungnahme gar, dass es möglich sein müsse, bei entsprechendem Wirtschaftswachstum mehr statt weniger Energie zu verbrauchen. Man wolle marktorientierte und kosteneffiziente Lösungen.

Gegen diese Allianz tun sich Klimaschützer/innen und Effizienzexpert/innen schwer. Dabei sorgt die der Bundesregierung nicht nur in Brüssel für Kopfschütteln. Führende Energieforscher aus Deutschland appellierten bereits im Januar 2012 an Kanzlerin Merkel, auf europäischer Ebene endlich eine konstruktive Haltung einzunehmen. Der neue Umweltminister Peter Altmaier hat das Thema Energieeffizienz jetzt zwar in seinen 10-Punkte-Plan gehoben. Angesichts des bisherigen massiven Widerstands aus Teilen der Politik und Bundesregierung sowie der deutschen Industrie ist es allerdings fraglich, was er tatsächlich erreichen wird. In diesen Kreisen wird lieber gegen die Erneuerbaren Energien gestänkert, das ist billiger. 

Ein Blick auf die Zahlen zeigt, wie viel Potenzial im Effizienzbereich steckt. Mit 20 Prozent eingesparter Energie könnten in der EU bis 2020 rund 860 Millionen Tonnen CO2 eingespart und damit rund 400 Millionen Tonnen Rohöleinheiten weniger Primärenergie verbraucht werden – was zirka 1.000 Kohlekraftwerken entspricht, die dadurch überflüssig würden. Allein durch Energiesparmaßnahmen beim Endkunden erhoffen sich die EU-Experten Einsparungen von 15 bis 20 Prozent, bei der Elektrizität sogar bis zu 40 Prozent. Eine simple Botschaft, die in Berlin vor der nächsten entscheidenden Verhandlungsrunde in Brüssel hoffentlich doch noch Gehör findet. 

Quelle: Energieagentur Regio Freiburg GmbH

  

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