Photovoltaik-Förderkürzung: JEIN.
Die Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt) wollen beide am 11. Mai im Bundesrat gegen die Photovoltaik Kürzungen abstimmen. Nicht, weil sie gegen die Kürzungen sind, sondern weil sie den Unternehmen Planungssicherheit geben wollen. Ein Wort, das auch von Umweltminister Röttgen inflationär bemüht wurde. „Planungssicherheit hat unsere Branche schon seit Jahren nicht mehr. Dank Norbert Röttgen“, ärgert sich relatio-Photovoltaik-Chef Bernd Bodmer.
In Talkshows wird fast täglich das vermeintliche Fehlen des „Primats der Politik“ beklagt. Angeblich würde die Politik nur auf die Vorlage „der Wirtschaft“ reagieren. Als einziger Ausweg wird die weitere Regulierung und Bürokratisierung angeboten. Die gut informierten und hoch bezahlten Moderatoren vom Schlage Jauch, Maischberger, Illner oder Plasberg haben bisher zwei Kernfragen außer Acht gelassen:
Wer oder was ist „die Wirtschaft“? 99,7 Prozent der Firmen sind klein und mittelständisch. Alle die brauchen Planungssicherheit. Sie müssen nicht einverstanden sein mit dem, was die Politik „produziert“, aber sie müssen sich wenigstens darauf verlassen können. Und gerade das ist nicht gewährleistet.
Und zweitens: Wenn es in Deutschland tatsächlich ein „Primat der Wirtschaft“ geben würde, dann wäre ein „Atomenergiestopp“ der Bundesregierung, wie es die Kanzlerin nach Fukushima verkündete, gegen den Willen der Energiekonzerne gar nicht möglich gewesen. Es wird Zeit, dass „die Politik“ ihre tatsächliche Macht wenigstens so einsetzt, dass man weiß, woran man ist.
Schon Haseloffs Vorgänger Wolfgang Böhmer hatte aus dem kleinen Sachsen-Anhalt heraus immer wieder den Finger spürbar in die bundespolitischen Wunden gelegt. Haseloff betont seit Wochen immer wieder: Es war p o l i t i s c h gesetzt, dass die erneuerbaren Energien gewollt wurden. Darauf haben sich viele kleine Firmen verlassen. Man kann die Branche jetzt nicht einfach fallenlassen oder durch plötzliche Änderungen verunsichern.
Man kann. Man tut es immer wieder. Immer wieder werden Gesetze geändert. Manchmal macht das die Regierung von sich aus, manchmal wird sie dazu von der Opposition übers Bundesverfassungsgericht gezwungen. Das Bundesverfassungsgericht kippte in den letzten Jahren Dutzende Gesetze, darunter Teile des Nichtrauchergesetzes, des Solidarpaktgesetzes, des Therapieunterbringungsgesetzes, des Vorratsdatenspeicherungsgesetzes, des Erbschaftssteuergesetzes, des Zuwanderungsgesetzes, des Hartz IV-Gesetzes, etc.
Den meisten Fernsehzuschauern sind Unternehmen und deren Investitionen nicht wirklich wichtig, es sei denn, es geht gerade um den eigenen Arbeitsplatz in diesem Unternehmen. Auf dieses Desinteresse konnte sich schon die Regierung der Weimarer Republik verlassen. Im Zuge der Weltkriegsfolgen durfte Gefrierfleisch zollfrei eingeführt und gelagert werden, um die Ernährung der Bevölkerung zu sichern. Die Regelung sollte bis 1933 gelten. Unter diesen Bedingungen lohnte sich der Bau zusätzlicher Kühlhäuser. Unerwartet für die Betroffenen wurde die Zollfreistellung schrittweise schon 1930 aufgehoben, die Importeure importierten nicht mehr, die Kühlhäuser blieben leer und die Kühlhausinvestoren waren ruiniert.
Ein Fall von Staatshaftung? Ach wo. In der berühmten Gefrierfleisch-Entscheidung vom 10. Januar 1933 lehnte das Reichsgericht Schadensersatz mit der Begründung ab, der Gesetzgeber sei „selbstherrlich und an keine anderen Schranken gebunden als diejenigen, die er sich selbst in der Verfassung oder anderen Gesetzen gezogen hat.“
So hart würde das zwar heute keiner mehr formulieren. Aber auf Ersatz der Schäden, die Unternehmen durch politische Entscheidungen entstanden, braucht dennoch niemand zu hoffen.
Orginalartikel erschienen im P.T. Magazin.
Quelle: P.T. Magazin, OPS Netzwerk GmbH
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