relatio-Chef: „Politik hat der Branche geschadet - nicht Module aus Fernost“
So groß die Freude über die satte Mehrheit gegen die EEG Novelle ist: Die Flurschäden für die Photovoltaik Branche sind beachtlich. Die relatio-Firmengruppe (Balingen) kann das nur bestätigen – auch wenn sich Schadensbegrenzung abzeichnet. Klar für relatio-Geschäftsführer Bernd Bodmer ist allerdings eins: Schuld an der Misere sind nicht die viel zitierten chinesischen Module, sondern deutsche Politiker.
Ein paar Kernfakten von Photovoltaik Fachmann Franz Alt: Dieser bezieht sich auf seiner Internetseite auf eine Umfrage des Bundesverbands der Solarwirtschaft (BSW-Solar). Die harten Einschnitte in die Solarstrom-Förderung haben den Unternehmen Umsatzeinbrüche mehr als 50 Prozent beschert. Über die Hälfte der Firmen haben schon jetzt wegen stagnierender Nachfrage Mitarbeiter entlassen. „Bei relatio hat sich die Zahl der Mitarbeiter ebenfalls reduziert“, bestätigt Geschäftsführer Bernd Bodmer, „von 100 im Jahr 2010 auf jetzt 70.“
Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar, spricht nicht nur von über 10.000 Menschen, die durch das Politiker-Hoppla-Hopp-Verfahren bundesweit ihren Job verloren haben, sondern auch von einem „vergifteten Investitionsklima“ in Deutschland (Quelle: Bundesverband Solarwirtschaft). Kanzlerin Angela Merkel hat aus dem gesamten Energiewende-Dilemma personelle Konsequenzen gezogen: Bundesumweltminister Norbert Röttgen, großer NRW-Wahlverlierer, musste überraschend seinen Hut nehmen. Bernd Bodmer tröstet dies aktuell wenig, auch wenn er Hoffnung in Röttgens Nachfolger Peter Altmaier setzt.
Dem relatio-Chef stoßen vielmehr die Debatten um den Solarstrom sauer auf, die seiner Meinung nach beherrscht werden von oberflächlichen Pauschalisierungen über chinesischen Modulimporte: „In erster Linie sind die deutschen Zellenhersteller von der asiatischen Konkurrenz betroffen und nicht die gesamte Branche. Mehr als 70 Prozent der Wertschöpfung, die zur Installation einer PV Anlage notwendig sind, stammen trotz asiatischer Module aus Deutschland, egal ob Endmontage, Stahl-, Kupfer- oder Wechselrichterbezug. Spezialisierte Mittelständler haben immer noch ihr Auskommen.“
Nicht zuletzt seien die deutschen Hersteller über Jahre hinweg überhaupt nicht in der Lage gewesen, die steigende Nachfrage zu erfüllen. Produziert worden sei, so Bodmer, in Asien: „Auch viele deutsche Firmen haben lieber in Fernost gebaut. Hier bleiben mussten vor ein paar Jahren Handwerker und Mittelstand.“
Von der jüngsten Taktik der USA, den eigenen Modulproduzenten mit Riesenzöllen auf chinesische Solarzellen unter die Arme zu greifen, hält der relatio-Chef deshalb wenig: „Für Deutschland wäre ein solches Modell keinesfalls zu Ende überlegt – schließlich gibt es dank der jüngsten Einschnitte nur noch wenige deutsche Produzenten.“ Dazu würden hierzulande zu viele Module aus Fernost verbaut: „Auch wenn ich grundsätzlich glaube, dass viele deutsche Kunden durchaus bereit sind, für deutsche Premiumware mehr zu bezahlen, wenn die Qualität stimmt.“
Die Gründe für die aktuelle Misere sieht Bernd Bodmer klar in den fortwährenden Rechtsunsicherheiten hierzulande: „Hoffentlich macht es Altmaier besser als Röttgen.“ Der mutmaßliche Hauptverursacher der Pleitewelle sei allerdings der Wirtschaftsminister, der kraft seines Amtes die Wirtschaft stärken sollte, anstatt ihr die Existenzgrundlage zu entziehen – eigentlich hätte die Kanzlerin Röttgen UND Rösler entlassen müssen.
Die deutschen Modulhersteller, führt Bodmer aus, gingen daran zugrunde, dass sie ihre Lagerbestände nicht loswürden: „Wenn Schwarz-Gelb beispielsweise ohne Vorankündigung die EEG Einspeisung nach unten treibt.“ Die chinesischen Modulhersteller könnten marktintern zum einen durch vollstufige Produktion flexibler reagieren und seien zum anderen nicht von der deutschen Politik gesteuert. Außerdem setze der chinesische Staat durch Förderung und stabile Rahmenbedingungen viel daran, die Photovoltaik Technologie im eigenen Land zu behalten.
„Angebot und Nachfrage regeln den Preis“, stellt Bodmer eine wirtschaftspolitische Grundregel in den Raum, „und wenn die Nachfrage durch fehlende politische Sicherheit willkürlich gedrosselt wird, fällt der Preis der Ware grundsätzlich.“ Der Wettbewerbsvorteil, den deutsche Modulhersteller durch die Marktnähe hätten, könne nicht mehr greifen – weil schlichtweg keiner die Ware mehr abrufen wolle und die Hersteller darauf sitzen blieben: „Irgendwann müssen die Firmen diese Ware abschreiben, was bei stagnierendem Markt zu großen Verlusten führt.“
Diese Verluste, so Bodmer, enden für die Firmen in der Überschuldung, die nach deutschem Recht innerhalb von 21 Tagen gelöst werden müsse: „Sonst droht der Weg zum Insolvenzgericht – wenn man kein Eigenkapital mehr hat. Und genau darüber verfügen die Modulhersteller zu diesem Zeitpunkt nicht mehr, wenn die eigene Regierung sie abschlachtet.“
Bodmer hofft auf die Arbeit des Vermittlungsausschusses: „Ein Schwebezustand ist tödlich. Egal wie sehr wir den Standort Deutschland lieben – was bleibt uns letztendlich anders als die Internationalisierung? Unsere Branchenprobleme sind einfach hausgemacht. Von unserer eigenen Regierung. Zahlreiche namhafte Photovoltaikhersteller wie Q-Cells und Sovello haben in den vergangenen Wochen genau dieses Schicksal erlitten – dank der Initiative unseres sogenannten Wirtschaftsministers.“
Quelle: relatio Unternehmensgruppe
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