Fernsteuerung durch Automobilhersteller abschütteln
Die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH) schlägt Alarm: „Kaum dass die Bundesregierung nach jahrelangem Stillstand endlich ein diskussionswürdiges Rußfilter-Förderkonzept für Pkw veröffentlicht hat, wiederholt sich das alte Spiel: Die unionsgeführten Bundesländer lehnen das Eckpunktepapier ab. Stattdessen exekutieren sie eins zu eins die Vorstellungen der Autohersteller.“ Nach Informationen der DUH brüsteten sich Vertreter von Volkswagen und Audi dieser Tage bereits des erneuten Erfolgs der Autolobby.
„Der Deutschen Umwelthilfe liegen Lobbybriefe der Automobilindustrie an die Politik vor, die seltene Einblicke in den Gang politischer Entscheidungsprozesse erlauben“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Der eindrucksvolle Gleichklang bei der Ablehnung der Filterförderung gehe dabei erkennbar auf die Politikberatung der Automobilkonzerne bzw. Marken Volkswagen, Audi und Mercedes-Benz zurück.
Der Bayerische Staatsminister der Finanzen, Kurt Faltlhauser (CSU), erkläre beispielsweise in einem Schreiben an Finanzstaatssekretär Axel Nawrath, er habe die Koordinierung der Haltung der Finanzminister der unionsgeführten Länder übernommen und die würden das Konzept der Bundesregierung „einhellig nicht befürworten.“ Im Duktus der Automobilkonzerne schreibe Faltlhauser, die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung benachteilige „in nicht vertretbarer Weise“ Autobesitzer, deren Neufahrzeuge auch ohne Filter „durchweg die strengste europäische Schadstoffnorm (Euro 4) einhalten“.
Nach Informationen der DUH brüsteten sich Vertreter von Volkswagen und Audi dieser Tage bereits gegenüber Autojournalisten des erneuten Erfolgs der Autolobby bei der Verhinderung der Filterförderung über die Länderschiene. Aus Hannover, so wiederum Faltlhauser in seinem Schreiben an den Finanzstaatssekretär, ließ der VW-Aufsichtsrat und niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff erklären, sein Land lehne die „Förderung von Dieselrußfiltern für Pkw im Rahmen der Kraftfahrzeugsteuer aus grundsätzlichen Erwägungen generell ab.“
„Ehrlicher wäre es gewesen, Niedersachsen hätte erklärt, die Filterförderung sei nicht im Interesse von Volkswagen“, so Resch. „Die Ministerpräsidenten der Länder müssen endlich die Fernsteuerung durch mächtige Konzerne abschütteln und ihrer Verpflichtung nachkommen, die Bürgerinnen und Bürger in den Städten vor gefährlichem Feinstaub und den Gesundheitsschändern zu schützen“.
Das Motiv der Autoindustrie für ihren immer unverblümteren Blockadekurs gegen jeden Vorschlag zur Nachrüstförderung sei die Befürchtung, dass die massenhafte Filterausrüstung älterer Dieselfahrzeuge zu Lasten des Verkaufs von Neuwagen gehe. Dafür nehme man bewusst in Kauf, dass die Extrembelastungen durch Feinstaub, die laut Weltgesundheitsorganisation allein in Deutschland zu jährlich 75.000 vorzeitigen Todesfällen führen, länger weiter gehen als notwendig, so die DUH.
Das I-Tüpfelchen setze laut DUH der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernd Gottschalk, der sich mit der Forderung zitieren ließ, die Hersteller drängten nun auf „schnelle Umsetzung“ der Filterförderung. Die von seinen wichtigsten Mitgliedsunternehmen veranlasste Totalblockade erwähnte Gottschalk nicht. „Wenn der VDA-Präsident öffentlich zur Eile mahnt, ist äußerste Skepsis angebracht“, sagte Resch und erinnerte daran, dass Gottschalk bereits zum Jahreswechsel 2005/2006 in der Öffentlichkeit aufs Tempo gedrückt habe, während er gleichzeitig in vertraulichen Schreiben die Ministerpräsidenten aufforderte, einer Bundesratsinitiative zur technischen Spezifikation von Nachrüstfiltern nicht zuzustimmen.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe (DUH)
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