Artikel vom 12.06.2012, Druckdatum 15.11.2024 | |
Zukunft der Photovoltaik-Förderung: 9-Punkte-Forderungskatalog der DUH Anlässlich des ersten Treffens des Vermittlungsausschusses aus Bundesrat und Bundestag zur künftigen Solarstrom-Förderung in Deutschland am morgigen Mittwoch (13. Juni 2012) hat die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) Bund und Länder aufgefordert, den weiteren Zubau von Photovoltaik Kapazitäten in Deutschland sicherzustellen. Wer wie Deutschland ein neues Energiesystem auf den Säulen Energieeffizienz, Wind und Sonne errichten wolle, könne nicht gleichzeitig den Zubau der Photovoltaik auf Zeitlupe stellen, ohne sich unglaubwürdig zu machen, so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Wegen der in den vergangenen Jahren und zu Jahresbeginn im Rahmen des EEG 2012 in Kraft getretenen Regelungen zur massiven Absenkung der Vergütung neuer Photovoltaik Anlagen werde der weitere Zubau den Strompreis nicht mehr wesentlich erhöhen. Dennoch komme es darauf an, die Kosten der Energiewende so gering wie möglich zu halten, sie gerechter zu verteilen und nicht länger zugunsten großer Teile der Industrie auf die privaten Haushalte und den Mittelstand abzuwälzen. „Wer wie Deutschland ein neues Energiesystem auf den Säulen Energieeffizienz, Wind und Sonne errichten will, kann nicht gleichzeitig den Zubau der Photovoltaik auf Zeitlupe stellen, ohne sich unglaubwürdig zu machen“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Genau das habe aber die schwarz-gelbe Regierungskoalition mit dem am 29. März 2012 im Bundestag verabschiedeten Gesetz versucht. Der Bundesrat habe dies mit einer Zweidrittel-Mehrheit und in dankenswerter Klarheit zurückgewiesen. Das sei „gut für das Klima und ein Hoffnungsschimmer für die deutsche Solarbranche in schweren Zeiten“. Nun gehe es darum, dass der Vermittlungsausschuss die Chance nutzt und das Gesetz wie vom Bundesrat gefordert grundlegend überarbeitet. Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) begrüßt die klare Entscheidung der Länderkammer und fordert, den Vermittlungsausschuss auf, folgende grundlegende Änderungen an dem Gesetz der schwarz-gelben Regierungskoalition, dem EEG 2012 und anderen Gesetzen und Verordnungen vorzunehmen: 1. Die im Gesetz der Koalition vom 29. März 2012 vorgesehene drastische Absenkung („Deckelung“) des jährlichen Zubaus der Photovoltaik Kapazität auf nur noch 900 bis 1.900 Megawatt pro Jahr ab 2017 muss aufgehoben werden. Der künftige Photovoltaik Zubau sollte sich in dem Korridor bewegen, der durch den von der Bundesnetzagentur genehmigten Szenarien im Szenariorahmen der Übertragungsnetzbetreiber vorgegeben ist. 2. Für alle Vergütungsklassen muss es Ziel sein, dass sich die Höhe der Degression enger als bisher an der tatsächlichen Entwicklung der Systemkosten der entsprechenden Solaranlagen orientiert. In der Zukunft sind zu diesem Zweck regelmäßig, mindestens jedoch vor jeder weiteren Gesetzesänderung, entsprechende unabhängige Marktanalysen bei neutralen Stellen einzuholen. Überzogene monatliche Degressionsschritte im Gesetz der Regierungskoalition müssen zurückgenommen werden. 3. Insbesondere bei der Vergütungsklasse für mittelgroße Photovoltaik Anlagen von 10 bis 100 Kilowatt muss die (durch Wegfall der Vergütungsklasse bis 100 kW) geplante Reduzierung von über 40 Prozent gemildert werden, weil sonst der Markt ausgerechnet für ein Segment – Wohnungsbau, Kommunen, Landwirtschaft, Gewerbe – zusammenbricht, das in den vergangenen Jahren für den dynamischen Zubau zentral war. 4. Die Fördergrenze von 10 MW für Photovoltaik Freiflächenanlagen muss ersatzlos gestrichen werden, weil a) große Freiflächenanlagen die „Billigmacher“ von Solarstrom sind und b) die Anlagen vielfach auf vorbelasteten Flächen – insbesondere militärischen Konversionsflächen – in Ostdeutschland errichtet werden, deren Beräumung die zuständigen Gebietskörperschaften ohne die Verpflichtung der Photovoltaik Anlagenbauer über Jahrzehnte nicht stemmen könnten. 5. Das im Gesetz vom 29. März 2012 neu eingeführte so genannte Marktintegrationsmodell sollte entsprechend der Forderung des Bundesrats aufgegeben werden. Es reduziert pauschal die vergütungsfähige solare Strommenge, ohne den Eigenverbrauch zusätzlich anzureizen. Der Eigenverbrauch im privaten Bereich muss im Grunde nicht mehr gefördert werden, weil der Strombezug aus dem Netz für die Betreiber kleiner Photovoltaik Anlagen heute schon mehr kostet als die Vergütung. Für die Betreiber größerer Anlagen bedeutet das Marktintegrationsmodell im Ergebnis lediglich eine zusätzliche Vergütungsdegression. 6. Die mit dem EEG 2012 eingeführte so genannte Marktprämie zur Stärkung der Direktvermarktung von Strom aus Erneuerbaren Energien trägt zur Marktintegration fast nichts bei und verteuert ihren Ausbau noch stärker als selbst von Kritikern zuvor vorhergesagt. Inzwischen ist von einer Milliarde Euro Zusatzkosen pro Jahr die Rede. Die Marktprämie sollte deshalb schnellstmöglich auf den Prüfstand. Kurzfristig sollte die Managementprämie für Wind- und Solarstrom deutlich, etwa auf 0,1 Ct/kWh abgesenkt werden. 7. Stattdessen sollten, wie es der Bundesrat – und insbesondere das Land Sachsen – fordern, konkrete und wirksame Schritte zur besseren netztechnischen Integration durch Anreize für dezentrale Speichersysteme geschaffen werden, die solare Einspeisespitzen abflachen und zeitlich verschieben. Auch die Bereitstellung von netzstabilisierenden Systemdienstleistungen durch Solarstromanlagen sollten angereizt wer-den. 8. Zur Abflachung der wachsenden Einspeisespitzen von Solarstrom in den Mittags-stunden und Verlängerung der täglichen Einspeisefristen sollten Anreize zur Ausrichtung von Solaranlagen in Ost-West-Richtung statt der üblichen Südausrichtung angereizt werden. Für eine regionale Angleichung der Photovoltaik Kapazitäten über ganz Deutschland sollten zudem Vorschläge einer regionalen Differenzierung der Solarstromvergütung in Abhängigkeit von der Globalstrahlung im langjährigen Mittel aufgegriffen und um-gesetzt werden. Entsprechende Daten stehen für jeden Standort in Deutschland zur Verfügung. Die bisherige Einheitsvergütung hat dazu geführt, dass immer mehr Anlagen in Süddeutschland konzentriert sind. 9. Die ursprüngliche Idee des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes, wonach die Gesamtheit der Stromverbraucher die zunächst anfallenden Kosten für den Kapazitätsaufbau der Er-neuerbaren Energien tragen sollen, ist durch die Ausweitung der „Besonderen Ausgleichsregelung“ auf immer mehr Unternehmen sowie die Ausgestaltung des so genannten Eigenstromprivilegs im EEG 2012 letztlich aufgegeben worden. Im Ergebnis müssen private Haushalte und Mittelstand einen immer größeren Anteil der Kosten der Energie-wende schultern. Die bislang hohe Akzeptanz der Energiewende bei Bürgerinnen und Bürgern wird dadurch zugunsten großer Teile der Industrie auf eine harte Probe gestellt. Um die Kosten der Energiewende wieder gerecht zu verteilen, muss die „Besondere Ausgleichsregelung“ wieder auf absolute Härtefälle besonders energieintensiver Unternehmen begrenzt und das Eigenstromprivileg endgültig abgeschafft werden. Quelle: Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) |