Artikel vom 16.06.2012, Druckdatum 15.11.2024

Photovoltaik in Afrika: Mobilfunkmasten zur ländlichen Elektrifizierung

Überall in Uganda fallen sie ins Auge: Mobilfunkmasten, lärmend betrieben von stinkenden Dieselgeneratoren. „Mobil funken mit Solarenergie“, diese Idee kann mittels eines neuen Betreiberkonzeptes zukünftig nicht nur den Mobilfunkanbietern helfen, über 90 Prozent der Kohlendioxidemissionen aus dem teuren Dieselkraftstoff einzusparen. Der Solarstrom soll darüber hinaus zur klimafreundlichen Elektrifizierung angrenzender Siedlungen genutzt werden.

In einer Pilotstudie mit ihrem deutschen Partner, der mittelständigen Kirchner Solar Group GmbH, wird die GIZ ein Konzept zur privatwirtschaftlichen Vermarktung des Solarstroms entwickeln. Viele der rund 3.000 Mobilfunkantennen in Uganda könnten damit zu Leuchttürmen werden, die Licht in entlegene Dörfer bringen.

Das ugandische 34-Millionen-Volk lebt zu 80 Prozent von der Landwirtschaft. Mehr als 27 Millionen leben auf dem Lande, und dort haben nur etwa 3 Prozent aller Haushalte einen Stromanschluss: Diese Zahlen belegen, vor welcher Herausforderung die deutsche EZ steht. Der Mangel an elektrischer Energie bremst die unternehmerische Aktivität und behindert das Wachstum der kleinen Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe; und er schränkt die Lebensverhältnisse der armen Landbevölkerung erheblich ein.

So werden in Millionen von Hütten abends nach 19 Uhr - denn die afrikanische Nacht am Äquator beginnt früh! - die Petroleumlampen angezündet. Sie verpesten die Luft mit krebserregenden Stoffen und sind teuer im Verbrauch. Ein Liter Petroleum, der etwa eine Woche reicht, wird außerhalb der Städte für zwei US Dollar verkauft. Das ist oft mehr als der tägliche Verdienst eines Kleinbauern.

Eine Kilowattstunde aus Petroleumbrennern, aus kleinen Dieselgeneratoren oder aus Batterien, die die Menschen für ihr Radio brauchen, ist sehr viel teurer als Solarenergie Dennoch setzt sich Solartechnik nur langsam durch: Eine häusliche Solaranlage kostet rund 300 US Dollar und amortisiert sich erst nach drei Jahren. Einem Subsistenzbauer, der nur von Ernte zu Ernte denkt, fällt es schwer, drei Jahre voraus zu planen und zu sparen. Auch der Bau von Solaranlagen zur Dorfstromversorgung scheitert oft an der geringen Investitionskraft der Kleinunternehmer.

Die Projektidee ist folgende: Ein Solarstromanbieter gewinnt ein Mobilfunkunternehmen als sicheren Hauptkunden - die Firma Airtel hat bereits zugesagt. Dann werden pilothaft einige Mobilfunkmasten in netzfernen Regionen ausgewählt, die in unmittelbarer Nähe zu Siedlungen stehen und als Anknüpfungspunkte für die solargestützte Elektrifizierung dienen können. Der Solarstromanbieter wird die Funkantenne versorgen und gleichzeitig Solarstrom an Haushalte im Umkreis verkaufen.

Der Strom soll mittels eines Prepaid-Meter-Systems verkauft werden: Der Kunde bezahlt via Mobiltelefon nur soviel Kilowattstunden, wie er sich leisten kann. Die GIZ Uganda setzt dabei auf ein Verfahren, welches die Firma Insensus bereits in einem Kooperationsprojekt zur Wind-Solar-Energieerzeugung mit der GIZ im Senegal erprobt hat. Die Firma, die dafür mit dem Innovationspreis „Klima und Umwelt 2010“ vom BMU und BDI ausgezeichnet wurde, wird als externer Dienstleister das Energiemanagementsystem entwickeln.

Die Kirchner Solar Group, ein Unternehmen mit 12 Niederlassungen weltweit, operiert in Uganda seit 2008 und hat vier Geschäfte sowie eine Produktionsstätte und Schulungszentrum bei Kampala aufgebaut. Die Firma wird in mobilen „Energy Containers“ die gesamte Technik der Solaranlage „schlüsselfertig“ vor Ort bereitstellen. Kirchner Solar tritt dabei als Stromversorger auf: Als erstes Unternehmen in Ostafrika wird die Firma in ein solches Projekt investieren und es operational steuern. Dazu zählt auch die Ausbildung von örtlichem Fachpersonal, damit die Anlage vom Dorf aus betrieben und gewartet werden kann. Erklärtes Ziel ist es, dass die solargestützte Elektrifizierung netzferner Siedlungen qualifizierte Beschäftigungsmöglichkeiten im ländlichen Raum schafft.

Seit 1999 engagiert sich die GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im ugandischen Energiesektor. Das „Programm zur Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz (PREEEP)“ verfügt über lange Arbeitsbeziehungen zum Ministry of Energy and Mineral Development und zu relevanten Behörden wie der Rural Electrification Authority. Das Konzept der netzunabhängigen Dorfelektrifizierung wurde bereits politisch positioniert. Synergien zu einem develoPPP.de-Projekt zum Einsatz von Flussturbinen zur dezentralen Stromerzeugung können genutzt werden.

Die GIZ Uganda

- stellt die Verbindung zum Mobilfunksektor her
- sichert die Einbettung des Projektes in politische und rechtliche Rahmenbedingungen
- unterstützt bei der Erlangung der erforderlichen Genehmigungen beim Betrieb von Inselnetzen
- kümmert sich um die Ausbildung von lokalen Solartechnikern
- entwickelt gemeinsam mit den Partnern ein Geschäftsmodell zur dörflichen Stromversorgung

Das BMZ unterstützt das Projekt im Rahmen von develoPPP.de, weil das Ziel verfolgt wird, die dezentrale Energieversorgung zu fördern: Wenn man die rund 1000 Menschen, die man pro Mobilfunkanlage mitversorgen kann, mit der Anzahl der netzfernen Sendemasten von Airtel in Uganda multipliziert, so ergibt sich ein Potenzial von bis zu 250.000 Einwohner/innen, denen man so Zugang zu Strom verschaffen könnte. Damit können die harten Lebensbedingungen der armen Landbevölkerung gemildert und die Produktionsmöglichkeiten der ländlichen Unternehmer verbessert werden, was Arbeitsplätze schafft. Der Einsatz von Solarenergie schont dabei die natürlichen Ressourcen und minimiert klimaschädliche Emissionen

2012: „Internationales Jahr der nachhaltigen Energie für alle“ 
Rund 1.3 Milliarden Menschen weltweit haben keinen Zugang zu Elektrizität. Die Vereinten Nationen haben daher das Jahresmotto ausgerufen und eine „Energy Action Agenda“ aufgelegt, um die nachhaltige Energieversorgung zu fördern. Dieses Pilotprojekt soll dazu im Kleinen beitragen – und vielleicht im Großen, wenn das Modell über Uganda hinaus auf Afrika übertragen werden kann.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

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