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10.04.2013

Überraschende Ergebnisse beim 7. Dienstwagen-Check

Der jährliche Blick der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) unter die Motorhauben des politischen Spitzenpersonals zeigt Wirkung – jedenfalls bei einer wachsenden Zahl von Landesminister/innen und Regierungschef/innen, die sich bei der Wahl ihres Dienstwagens erkennbar klimabewusst entscheiden. Insgesamt 18 „Grüne Karten“ konnte die DUH verleihen. Bei einer Mehrheit der Landespolitiker/innen und bei allen Bundesminister/innen vermisst die DUH allerdings eine klare Bereitschaft, bei der Wahl ihrer Dienstwagen den seit 2012 gültigen EU-Zielwert einzuhalten.

Übermotorisierte und spritdurstige Dienstwagen werden von der Hälfte aller Regierungschef/innen gefahren, die dafür die „Rote Karte“ erhalten. Insgesamt 28 Spitzenpolitikerinnen und -politiker stellen ihre klimapolitische Ignoranz geradezu demonstrativ zur Schau. So ergab der zwischen Januar und März 2013 durchgeführte siebte DUH-Dienstwagen-Check ein insgesamt uneinheitliches Bild.

„Wir stellen fest, dass die durchschnittlichen CO2 Emissionen der Politiker-Limousinen seit dem Start unserer Erhebungen im Jahr 2007 deutlich schneller zurückgehen als die Emissionen aller in Deutschland neu zugelassenen Pkw. Dieser erfreuliche Trend kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine große Mehrheit der Spitzenpolitikerinnen und -politiker nach wie vor mit übermotorisierten Limousinen unterwegs ist “, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch bei der Vorstellung der Ergebnisse der DUH-Erhebung unter 171 Spitzenpolitikern.

Als „absolutes Highlight“ bezeichnete es Resch, dass mit dem Hamburger Senat erstmals ein ganzes Landeskabinett den EU-Zielwert von 130 Gramm CO2 pro Kilometer (gCO2/km) unterschreitet. Der Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und seine Senatskolleg/innen landeten bei durchschnittlich 128 gCO2/km. Obwohl die Senatorinnen und Senatoren durchweg in geräumigen Limousinen mit Spitzengeschwindigkeiten zwischen 212 und 250 Stundenkilometern unterwegs sind, liegt dieser Wert sogar niedriger als der Durchschnitt aller in Deutschland im letzten Jahr neu zugelassenen Pkw (142 gCO2/km).

Von den 128 gCO2/km des Hamburger Senats ist das Bundeskabinett mit einem Durchschnittswert von 168 gCO2/km zwar noch weit entfernt. Im Vergleich zu den 252 gCO2/km, die sich bei der Ersterhebung vor sechs Jahren ergeben hatten, ist der Fortschritt jedoch bemerkenswert. Mit Bundesbildungsministerin Johanna Wanka erhält zudem nur noch ein Mitglied des Bundeskabinetts die „Rote Karte“, die die DUH vergibt, wenn der EU-Zielwert um mehr als 40 Prozent überschritten wird. Allerdings schafft auch keiner der Bundesminister/innen die „Grüne Karte“, die nur erhält, wer den EU-Zielwert einhält. Dass inzwischen offensichtlich auch das Amt verpflichtet, zeigt sich bei den Dienstwagen Emissionen der Umweltminister der Länder, die sich mit durchschnittlich 148 gCO2/km exakt in der Mitte zwischen dem Hamburger Senat und den Bundesministern einreihen.

Vorreiter unter den Flächenländern ist das rot-grüne Kabinett von Schleswig-Holsteins Regierungschef Thorsten Albig (SPD) mit durchschnittlich 144 gCO2/km, wobei der Ministerpräsident selbst den Schnitt mit seinem Audi A8 L 4.2 TDI (198 gCO2/km) allerdings erheblich belastet. Schlusslicht im Länderranking ist Niedersachsen, das mit durchschnittlichen Emissionen von 187 gCO2/km Bayern als ersten Dienstwagen-Klimasünder der letzten Erhebung ablöst. Die veröffentlichten Ergebnisse spiegeln jedoch noch den Wagenpark des Ende Januar abgewählten schwarz-gelben Kabinetts in Hannover wider. Ankündigungen der neuen rot-grünen Landesregierung lassen erwarten, dass diese mit einer weniger klimaschädlichen Dienstwagenflotte unterwegs sein wird. Der neue Umweltminister Stefan Wenzel (Bündnis 90/Grüne) ist inzwischen auf einen neuen Audi A3 mit einem CO2-Ausstoß von nur 102 gCO2/km umgestiegen.

Hessen verteidigt tapfer den vorletzten Platz des vergangenen Jahres und Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU), bereits letztes Jahr in der Spitzengruppe der Klimasünder, teilt sich mit 277g CO2/km den letzten Platz mit Innenminister Uwe Schünemann (CDU, Niedersachsen, inzwischen abgelöst) und Innenminister Ralf Jäger (SPD, NRW). DUH-Bewertung: Nichts dazugelernt. Die vorletzten Plätze unter den Regierungschefs nehmen die Sozialdemokraten Hannelore Kraft (NRW) und Klaus Wowereit (Berlin) mit jeweils 221 gCO2/km ein.

Als enttäuschend stuft die DUH auch das Abschneiden des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmannn (Bündnis 90/Die Grünen) ein, der mit einem S-Klasse-Mercedes S350 BlueTEC 4MATIC und CO2-Werten von 193 g/km unterwegs ist und dafür die „Rote Karte“ erhält. Besser schneidet etwa Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ab, der sich für einen BMW 750 Ld xDrive mit 169 gCO2/km entschieden und dafür eine „Gelbe Karte“ erhalten hat. Damit bedacht wurden auch die Spitzenreiter im Ranking der Regierungschefs Olaf Scholz (146 gCO2/km, Hamburg, SPD), Malu Dreyer (148 gCO2/km, Rheinland-Pfalz, SPD) und Jens Börnsen (154 gCO2/km, Bremen, SPD).

Insgesamt 18 „Grüne Karten“ für ein glaubwürdiges Klimabewusstsein bei der Dienstwagenwahl verteilte die DUH dieses Jahr an Politiker/innen, weil ihre Limousinen den EU-Zielwert von 130 gCO2/km einhalten oder unterschreiten. Die Zahl übersteigt die des vergangenen Jahres um mehr als das Dreifache, was insbesondere auf den zunehmenden Einsatz des Mercedes Benz E 300 Diesel-Hybrid mit einem CO2-Wert von 109 gCO2/km zurückführen ist. Das Modell erfreut sich auf Landesebene steigender Beliebtheit und ist insgesamt neun Mal im Einsatz. 28 Politiker/innen erhielten für zu hohe CO2 Emissionen ihrer Dienstwagen die „Rote Karte“, weil diese den geltenden EU-Zielwert mit 175g CO2/km oder mehr deutlich überschreiten.

Ausgesprochen interessant ist das Ranking der Spitzenpolitikerinnen und -politiker nach Parteizugehörigkeit: Die große Mehrheit der Befragten sieht in diesem Jahr gelb. Im Parteienranking landen die Spitzenpolitiker/innen der Grünen (145 gCO2/km) vor denen der Linken (150 gCO2/km) und der SPD (159 gCO2/km). Die FDP-Minister/innen kommen auf 167 gCO2/km, die der CDU auf 176 gCO2/km, das Schlusslicht bilden die Spitzenpolitiker/innen der CSU mit 177 gCO2/km.

„Trotz erkennbarer Ansätze zur CO2-Reduktion bei der Fahrzeugwahl treffen die meisten Spitzenpolitikerinnen und -Politiker noch immer keine bewusste Entscheidung für einen wirklich klimafreundlichen Dienstwagen“ erklärte Hannah von Blumröder, Projektmanagerin Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH. Als positiv hob sie hervor, dass die Informationsbereitschaft der Ministerien weiter gestiegen sei. Während die DUH in den vergangenen Jahren einige Länder auf dem Klageweg zur Herausgabe der Daten habe zwingen müssen, erhielt die Umweltschutzorganisation in diesem Jahr alle relevanten Daten direkt ohne große Verzögerungen. 

Resch nannte es einen Erfolg der alljährlichen Erhebungen der DUH, dass einerseits immer mehr Politikerinnen und Politiker bewusste Entscheidungen bei der Auswahl ihrer Dienstwagen treffen und andererseits die Premium-Hersteller mittlerweile eine breite Palette komfortabler Dienstwagen mit moderater Motorisierung anbieten. Resch: „Umso unverständlicher sind die Ausreißer nach oben. Es gibt für Politikerinnen und Politiker heute definitiv kein Argument mehr für den Einsatz von Klimakiller-Dinos als Dienstwagen.“

Hier finden Sie die detaillierten Ergebnisse der Abfrage (pdf)

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH)

  

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