Nature-Veröffentlichung befasst sich mit Photovoltaik - Energie-Barriere überwinden
Wenn Solarzellen Sonnenenergie in Strom umwandeln, ist ihr Wirkungsgrad begrenzt. Um das Limit zu umgehen und mehr Leistung zu bekommen, kann man die Elektron-Loch-Paare spalten, die jedes Sonnenlichtteilchen erzeugt. Diesen „Aus eins mach zwei und mehr“-Vorgang bezeichnet man in organischen Molekülen als Singulett Spaltung. Obschon seit langem bekannt, wurde er nie vollständig verstanden. Internationale Forscher zeigen jetzt, dass klassische Modelle, die den Prozess beschreiben, nicht ausreichen.
Die drei Experimentalphysiker Dr. Manuel Ligges von der Uni Duisburg-Essen (UDE), Prof. Xiaoyang Zhu und Dr. Wai-Lun Chan von der University of Texas, Austin, erklären in der Nature Chemistry, warum klassische Modelle, die den Prozess der Singulett Spaltung beschreiben, nicht ausreichen.
Um es vorwegzunehmen: Die Arbeit der Wissenschaftler wird die Entwicklung der Photovoltaik nicht auf den Kopf stellen. Doch um mehr aus der konventionellen Technik herauszuholen – sie hat derzeit einen Wirkungsgrad von 20-25 Prozent –, muss man natürlich die Mechanismen verstehen. Ligges und seine Kollegen aus Austin haben einen Schritt in diese Richtung getan.
Und darum geht es genau: In einer handelsüblichen Solarzelle erzeugt jedes Lichtteilchen, sprich Photon, ein Elektron-Loch Paar, welches aufbrechen kann und somit zu einem Stromfluss führt. Es kann aber maximal nur rund 30 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie umgewandelt werden. Dieses so genannte „Shockley-Queisser-Limit“ lässt sich jedoch umgehen.
Etwa so: „Man erzeugt zunächst ein Elektron-Loch-Paar hoher Energie, das dann anschließend in zwei oder mehrere Paare niedriger Energie zerfällt. Man nennt sie Multi-Exzitonen und den Prozess Singulett Spaltung oder englisch: Singlet Fission“, erklärt Manuel Ligges, der u.a. dank eines Leopoldina-Stipendiums für acht Monate an der University of Texas geforscht hat.
„Die bisher verwendeten Modelle zur Beschreibung des Prozesses gehen davon aus, dass die Spaltung entweder exothermisch oder endothermisch stattfinden“, erklärt der 32-Jährige weiter. „Das heißt, es wird entweder Energie bei der Spaltung frei oder man muss welche hinzufügen, um das primär angeregte Elektron-Loch Paar zu teilen.“
Genau mit letzterem Fall haben sich die drei Wissenschaftler beschäftigt. „In einem endothermischen Prozess müsste die Effizienz der Spaltung sehr stark von der Temperatur abhängen. Ein solches Verhalten konnten wir aber nicht feststellen. Die klassischen Modelle sind somit nicht haltbar.” Eine weitere Arbeit des Trios, über die das renommierte Magazin Science bereits berichtete, stützt diesen Befund.
„Wir haben ein ganz anderes Verhalten beobachtet. Es lässt darauf schließen, dass das primär angeregte Elektron-Loch Paar kohärent an den Endzustand, also das Multi-Exziton, koppelt. Dieser Sachverhalt lässt sich nur schwer mit einfachen Worten erklären”, so Ligges. „Er besagt im Grunde, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen verschwimmt. Dagegen ist man bisher davon ausgegangen, dass das Elektron von einem Zustand zum anderen ‚hüpft‘, was es eben nicht macht.“
Was bleibt also zu tun? Will man ergründen, was beim Spaltungs-Prozess im Detail abläuft, müssen die klassischen Modelle überarbeitet werden. Dann könnte in fünf bis zehn Jahren Jahren tatsächlich die Effizienz von Solarzellen über das konventionelle Limit von 30 Prozent gesteigert werden, prognostiziert Experimentalphysiker Ligges vorsichtig. „Man muss nun von theoretischer Seite darangehen und die Erkenntnisse auch technisch umsetzen.“ Für ihn sind die Arbeiten auf diesem Gebiet abgeschlossen. Er beschäftigt sich zurzeit u.a. mit quantenphysikalischen Fragen der Nanowelt.
Wai-Lun Chan, Manuel Ligges, X-Y. Zhu: The energy barrier in singlet fission can be overcome through coherent coupling and entropic gain, in: Nature Chemistry, 19. August 2012. doi: 10.1038/nchem.1436. Eine Printversion erscheint in Heft Nr. 4.
Quelle: Uni Duisburg-Essen (UDE)
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