Netzentwicklungsplan: Konzerninteressen gegen Bürgerbeteiligung und Energiewende
Die Frist für die Bürgerbeteiligung zum Entwurf des Netzentwicklungsplans ist abgelaufen. Auf den ersten Blick erscheint es so, als hätte man hier den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben, ihre Interessen und Bedenken einzubringen. Doch eine wirkliche Partizipation scheint gar nicht erwünscht zu sein, vermutet die gemeinnützige Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien EUROSOLAR.
Es sei offenkundig, dass der grundsätzliche Kurs, ein zentralistisches Versorgungssystem zu konservieren und in der Netzstruktur dauerhaft zu verankern, nie zur Disposition stand, so EUROSOLAR in einer entsprechenden Pressemitteilung.
Als 2011 der Szenariorahmen für Stromnetzausbau vorgestellt wurde, sei der dezentrale und verbrauchsnahe - also dezentrale - Ausbau der Erneuerbaren Energien mehr oder minder ignoriert worden, und dies sei bis heute so geblieben, obwohl zahlreiche Bundesländer, darunter auch viele Binnenländer, inzwischen sehr ehrgeizige Ausbauziele aufweisen, heißt es dort weiter.
Statt die Ausbauziele der Binnenländer in die Planung einfließen zu lassen, gebe es sogar Stimmen aus der Bundesregierung, die den Bundesländern fälschlicherweise vorwerfen, sie würden einen unkontrollierten Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben und so die Kosten der Energiewende erhöhen.
„Diese Argumentation stellt die Dinge auf den Kopf. Onshore-Windenergie und Photovoltaik sind inzwischen die kostengünstigsten Säulen für den Ausbau der Erneuerbaren-Energien und stehen für einen raschen dezentralen Ausbau der Energiegewinnung bereit. Sie bieten die Chance, Strom genau dort zu erzeugen, wo er benötigt wird. Wind- und Solarstrom, der in Rheinland-Pfalz, Hessen, Baden-Württemberg oder Bayern produziert und dort auch verbraucht wird, hat keine langen Transportwege und braucht daher auch keine teuren neuen Transportleitungen. Auch produzieren dezentrale Windkraftanlagen im Binnenland kostengünstiger Strom als zentralistische Windparks draußen auf dem Meer“, so Axel Berg, Vorstandsvorsitzender von EUROSOLAR Deutschland.
Der vorliegende Entwurf zum Netzentwicklungsplan dient nach Ansicht von EUROSOLAR nicht in erster Linie der Energiewende, sondern vor allem den Übertragungsnetzbetreibern, die ein betriebswirtschaftliches Interesse daran haben, auch künftig möglichst viel Energie zu transportieren. Sie seien somit auch der falsche Ansprechpartner für eine effiziente Stromnetzstruktur. Er diene weiterhin den zentralistischen Stromkonzernen, die so ihre Macht festigen können, die durch den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien stetig schwindet.
Wenn dieser Netzentwicklungsplan in die Umsetzung geht, werden beide Akteure, Übertragungsnetzbetreiber und die Stromkonzerne des Oligopols, den Druck auf die Politik erhöhen, den dezentralen Ausbau der Erneuerbaren Energien auszubremsen, zum Schutz ihrer eigenen Gewinninteressen, so EUROSOLAR. Die Novelle der EEG Paragraphen für die Photovoltaik sei ein erster Vorgeschmack dieser Entwicklung. Wer diesen Roll-Back mit einer Bürgerbeteiligung verknüpft, die allenfalls geringfügige Änderungen zugesteht und berechtigte Kritik zum Anlass nimmt, die Bürgerinnen und Bürger als Bremser der Energiewende darzustellen, der nehme die Menschen nicht ernst.
„Im Sinne der Subsidiarität empfiehlt EUROSOLAR daher den Bundesländern, ihren Kommunen mit ihren Stadtwerken, den Genossenschaften und den Bürgern in und mit ihrer Kompetenz ihre erfolgreiche Energiewende fortzusetzen und so Fakten in Form installierter Leistung zu schaffen, um diesen Netzentwicklungsplan überflüssig zu machen“, schlussfolgert Irm Scheer-Pontenagel, Geschäftsführerin von EUROSOLAR.
Quelle: EUROSOLAR e.V.
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