Forschen für die Energiewende
Mit dem Nachtragshaushalt 2012 fördert der Freistaat Bayern unter anderem zahlreiche Forschungsprojekte zur Energiewende. An vier dieser Projekte sind auch Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) beteiligt: am Nuremberg Campus of Technology, am Bavarian Hydrogen Center, am E|Home-Center und am Forschungsnetzwerk „Solar Technologies Go Hybrid“. Zusammengenommen erhalten die vier Forschungsvorhaben für das Jahr 2012 aus dem Nachtragshaushalt knapp 17 Millionen Euro an zusätzlichen Fördergeldern, die an die FAU und ihre Kooperationspartner fließen.
Nuremberg Campus of Technology (NCT) Der Nuremberg Campus of Technology (NCT) ist eine Kooperationsplattform der Friedrich-Alexander-Universität und der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg (OHM). Ziel ist, die Kompetenzen der FAU und des OHM in Forschung und Lehre zu bündeln und zu erweitern. Damit sollen der Technologiestandort sowie die Europäische Metropolregion Nürnberg gestärkt werden. Auch die Durchlässigkeit zwischen den Institutionen soll erhöht werden, etwa indem wechselseitig Lehrmodule übernommen und Infrastukturen, wie Labore, gemeinsam genutzt werden. Zudem streben beide Seiten an, herausragenden Studierenden der Hochschule den Wechsel an die Universität zu erleichtern und kooperative Promotionen zu fördern.
Bei der Forschung im NCT steht das Thema „Engineering for Smart Cities“ im Vordergrund, das angesichts der weltweit zunehmenden Urbanisierung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Der NCT wird an technologischen Herausforderungen und Chancen ausgerichtet, die sich für Städte der Zukunft ergeben, zum Beispiel durch den Umstieg auf ein neues Energiesystem, durch den verstärkten Zwang zur Nachhaltigkeit oder durch neue Sicherheitsbedrohungen.
Insgesamt hat der Freistaat für das zunächst auf fünf Jahre angelegte Projekt rund 19 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Mit den Mitteln werden unter anderem dauerhaft zunächst ein neuer Lehrstuhl an der FAU und eine neue Professur an der OHM geschaffen. Aus dem Nachtragshaushalt für das Jahr 2012 erhält der Nuremberg Campus of Technology mehr als fünf Millionen Euro.
Bavarian Hydrogen Center Ebenfalls gefördert wird das Bavarian Hydrogen Center, ein Kooperationsprojekt der FAU mit der Technischen Universität München, der Universität Bayreuth und der Hochschule Amberg. Bei dem Forschungsprojekt suchen die beteiligten Wissenschaftler nach Möglichkeiten zur Gewinnung und Nutzung von Wasserstoff aus ausschließlich regenerativen Quellen. Außerdem wollen die Forscher den systematischen Ausbau der chemischen Energiespeicherung mit Wasserstoff, die sogenannte Wasserstoff-LOHC-Technologie, vorantreiben. Der am Ort des Energiebedarfs freigesetzte Wasserstoff kann dann in Brennstoffzellen, Verbrennungsmaschinen oder Turbinen in Elektrizität zurück gewandelt werden.
Wasserstoff gilt als einer der nachhaltigsten Energieträger und könnte bei der Energiewende eine entscheidende Rolle spielen, denn regenerative Energien, wie Sonnen- oder Windenenergie, werden aufgrund wechselnder Wetterverhältnisse nur unregelmäßig gewonnen. Außerdem kann die produzierte Energiemenge je nach Standort variieren; an der Küste etwa herrscht meistens stärkerer Wind als im Binnenland, so dass dort mehr Windenergie produziert wird. Deswegen ist eine Technologie nötig, mit der überschüssige Energie wirtschaftlich und effizient gespeichert und von einem Ort zum anderen transportiert werden kann. Der Einsatz von Wasserstoff würde sich dafür eignen, doch hat Wasserstoff nur eine sehr geringe Dichte, ist extrem leicht flüchtig und konnte sich deswegen noch nicht als Energieträger durchsetzen.
An diesem Punkt setzt die Wasserstoff-LOHC-Technologie an, die von Prof. Dr. Wolfgang Arlt, Inhaber des Lehrstuhls für Thermische Verfahrenstechnik an der FAU, und Prof. Dr. Peter Wasserscheid, Inhaber des Lehrstuhls für Chemische Reaktionstechnik der FAU, entwickelt wurde und im Rahmen des Bavarian Hydrogen Center ausgebaut werden soll. Das wissenschaftliche Verfahren ermöglicht es, Wasserstoff mithilfe der Kohlenwasserstoffverbindung Carbazol zu speichern. Die Substanz hat eine ähnliche Konsistenz wie Dieseltreibstoff und erreicht bis zu 30 Prozent des Heizwertes von Heizöl. Außerdem kann es genauso wie Heizöl gepumpt und gelagert oder mit Tanklastern über weite Strecken transportiert werden. Darüberhinaus ist Carbazol nicht explosiv, da der Wasserstoff aus der Verbindung nicht von alleine entweichen kann.
Insgesamt wird das Bavarian Hydrogen Center mit rund 15 Millionen Euro gefördert, davon allein drei Millionen Euro aus dem bayerischen Nachtragshaushalt 2012.
E|Home-Center Das E|Home-Center ist ein Forschungsvorhaben der Friedrich-Alexander-Universität unter Leitung des Lehrstuhls für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik von Prof. Dr. Jörg Franke, in das auch Professoren der Ohm-Hochschule eingebunden werden sollen. Ziel ist, Lösungen für besonders ressourcenschonendes und intelligentes Wohnen zu entwickeln. Dabei setzen die beteiligten Wissenschaftler auf die Verschmelzung von elektrischen Geräten mit Computertechnologien sowie auf dezentrale Energieerzeugung.
Derzeit verbrauchen private Haushalte in Deutschland rund ein Viertel aller Energie. Hier besteht enormes Einsparpotenzial, etwa durch eine bessere Gebäudedämmung oder energiesparendere Haushaltsgeräte. Gleichzeitig existieren zum Beispiel mit Solaranlagen oder kleinen Windturbinen bereits Technologien, mit denen Energie dezentral gewonnen werden kann. Ziel der Forscher ist, diese Technologien so zu kombinieren, dass sich die Haushalte in Zukunft mit aller Energie, die sie benötigen, autark versorgen können. Die gesamte Technik soll von einem zentralen Computersystem innerhalb des Haushalts automatisch gesteuert werden.
Daneben steht der Wasserverbrauch privater Haushalte im Fokus des Forschungsprojekts. Er kann zum Beispiel durch die Aufbereitung von bereits verschmutzem Wasser mittels neuer Verfahren stark gesenkt werden.
Auch außerhalb Bayerns wird bereits an einzelnen Gesichtspunkten solcher so genannter „Smart Green Homes“ geforscht. Im Rahmen des E|Home-Center werden jedoch zum ersten Mal alle wesentlichen Technologien integrativ und ganzheitlich untersucht. Das Umfeld in Bayern ist für dafür besonders günstig, weil zahlreiche bayerische Unternehmen bei der Entwicklung dieser Technologien führende Weltmarktpositionen besetzen. Für das Jahr 2012 erhält das E|Home-Center 2,5 Millionen Euro an Fördermitteln aus dem Nachtragshaushalt. Insgesamt ist das Projekt auf vier Jahre angelegt.
Solar Technologies Go Hybrid Beim Forschungsnetzwerk „Solar Technologies go hybrid“ konzentrieren sich die Wissenschaftler der Universitäten Erlangen-Nürnberg, Bayreuth und Würzburg sowie der beiden Münchner Universitäten zum einen auf die Photovoltaik also auf die Umwandlung von Sonnenenergie in elektrischen Strom Zum anderen wollen sie Techniken voranbringen, mit denen sich die Kraft der Sonne in Form von chemischer Energie binden lässt. Ein Beispiel dafür ist die Spaltung von Wasser in Sauerstoff und den energiereichen Brennstoff Wasserstoff – umweltverträglich nach dem Vorbild der pflanzlichen Photosynthese.
Für das Projekt richten die fünf Universitäten gut ausgestattete Laboratorien ein, so genannte Key Labs. Das Key Lab „Kohlenstoffreiche Hybride“ an der FAU soll die hochaktuelle und grundlagenorientierte Forschung zu photo- und lichtaktiven Materialien des Interdiziplinären Zentrums für Molekulare Materialien (ICMM) und des Exzellenzclusters „Engineering of Advanced Materials“ (EAM) bündeln. Es wird von den Professoren Dr. Dirk M. Guldi, Lehrstuhl für Physikalische Chemie I, und Dr. Timothy Clark, Computer-Chemie-Centrum, koordiniert. Im Mittelpunkt der Forschung am Erlanger Key Lab steht die Konzeption panchromatischer Absorption und Lichtsammelkomplexen sowie die Optimierung von Elektronentransferprozessen und die Entwicklung molekularer Photokatalysatoren und farbstoffsensibilisierter Photokathoden. Das Projekt „Solar Technologies Go Hybrid“ erhält aus dem Nachtragshaushalt rund sechs Millionen Euro.
Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gegründet 1743, ist mit 33.500 Studierenden, 630 Professuren und rund 12.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Und sie ist, wie aktuelle Erhebungen zeigen, eine der erfolgreichsten und forschungsstärksten. So liegt die FAU beispielsweise beim aktuellen Forschungsranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) auf Platz 8 und gehört damit in die Liga der deutschen Spitzenuniversitäten. Neben dem Exzellenzcluster „Engineering of Advanced Materials“ (EAM) und der im Rahmen der Exzellenzinitiative eingerichteten Graduiertenschule „School of Advanced Optical Technologies“ (SAOT) werden an der FAU derzeit 31 koordinierte Programme von der DFG gefördert
Die Friedrich-Alexander-Universität bietet insgesamt 142 Studiengänge an, darunter sieben Bayerische Elite-Master-Studiengänge und über 30 mit dezidiert internationaler Ausrichtung. Keine andere Universität in Deutschland kann auf ein derart breit gefächertes und interdisziplinäres Studienangebot auf allen Qualifikationsstufen verweisen. Durch über 500 Hochschulpartnerschaften in 62 Ländern steht den Studierenden der FAU schon während des Studiums die ganze Welt offen.
Quelle: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)
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