Atomlobby empfiehlt sich selbst
Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) hatte die Wirtschaft vor einigen Wochen aufgerufen, die Politik in Sachen Verbleib in der Atomkraft zu unterstützen, der CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sieht auch „keinen Weg, kurz- oder mittelfristig die 160 Milliarden Kilowattstunden Strom aus deutschen Atomkraftwerken durch andere Energieträger zu ersetzen“. Jetzt loben sich die Betreiber der deutschen Kernkraftwerke selbst in den „Atom-Himmel“. „Führend in der Leistungsfähigkeit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit“ ...
... seien die deutschen Kernkraftwerke im Jahr 2005 im internationalen Vergleich gewesen, veröffentlichte das Deutsche Atomforum e. V. (DAtF) in seiner jüngsten Presseerklärung vom 22.02.2006. Das Deutsche Atomforum e. V. ist laut eigener Darstellung eine „private, gemeinnützige Vereinigung von Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen“. Ihr Präsident ist Dr. Walter Hohlefelder, gleichzeitig Vorstandsmitglied der E.ON Energie AG, München.
In seiner Veröffentlichung hebt das DAtF zum Einen die „Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit“ als besonderes „Qualitätsmerkmal“ der Kernenergie hervor. Und beeindruckt auch gleich mit einer entsprechenden Zahl: „Die durchschnittliche Verfügbarkeit der deutschen Kernkraftwerke lag 2005 bei über 88 Prozent“.
Als weiteres Argument dient – wie bei vielen anderen Atomkraftbefürwortern auch – die „CO2-freie Stromerzeugung“ aus Kernenergie. Unerwähnt bleibt dagegen, dass nach wie vor ungeklärt ist, wo der ganze radioaktive Abfall aus den Kernkraftwerken entsorgt werden soll.
Am deutlichsten in Richtung Politik aber geht die Aussage, dass sich die Stromerzeugung aus Kernenergie international in einem „deutlichen Aufschwung“ befinde. Insbesondere wird darauf hingewiesen, dass in „zahlreichen Ländern, darunter die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Niederlande, die Schweiz, die Tschechische Republik und Polen“ der Neubau von Kernkraftwerken „politisch diskutiert“ würde. Es seien auch in „mehreren Industrienationen die Laufzeiten bestehender Kernkraftwerke auf 60 Jahre erhöht oder bereits abgeschaltete Anlagen, wie in Kanada, wieder in Betrieb genommen“ worden.
Insgesamt, so loben sich die Lobbyisten selbst, zeige diese Entwicklung „deutlich die unbestreitbaren Vorzüge der friedlichen Nutzung der Kernenergie: Versorgungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und Umweltverträglichkeit“.
Argumentationshilfe und Unterstützung für Politiker (wie von Oettinger gewünscht) oder faktische Bilanzierung eines erfolgreichen Jahres? Fest steht jedenfalls, dass die bundesdeutschen Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage eindeutiger sind als manche ihrer Vertreter: Gerade mal 25 Prozent von ihnen sehen in der stärkeren Nutzung von Atomkraft eine überzeugende Alternative. Und sogar 81 Prozent wünschen den verstärkten Einsatz erneuerbarer Energien (Zahlen von Infratest dimap, forsa, Europressedienst).
Und doch: Manchmal wirkt es vielleicht ein bisschen. Oder ist es nur Zufall, dass am selben Tag, an dem das Deutsche Atomforum e. V. eine Jahresstromproduktion deutscher Kernkraftwerke von rund 163 Milliarden Kilowattstunden veröffentlicht, der CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer „keinen Weg“ sieht, „kurz- oder mittelfristig die 160 Milliarden Kilowattstunden Strom aus deutschen Atomkraftwerken durch andere Energieträger zu ersetzen“? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Quellen: ppenergie, dpa, verivox, Deutsche Atomforum e. V.
Autorin: Petra Forberger für www.solarportal24.de
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