Artikel vom 11.01.2007, Druckdatum 15.11.2024

Verbände: EU-Energiepaket nicht ambitioniert genug

Nach übereinstimmender Einschätzung der Bundesverbände Solarwirtschaft (BSW), für Erneuerbare Energie (BEE) und WindEnergie (BWE) ist das von der EU-Kommission vorgelegte Energiepaket zu wenig ambitioniert, um dem zunehmenden Versorgungsrisiko und der dramatischen Verschärfung des Klimaproblems angemessen zu begegnen. Es reflektiere nur unzureichend das hohe Potenzial und den hohen Bedarf an Erneuerbaren Energien in Europa. Kluge Förderpolitik mache etwa in Deutschland die Windenergie spätestens 2015 konkurrenzfähig und Solarstrom ab 2018 günstiger als der Endkundenstrompreis.

Um das wichtigste Defizit zu beseitigen, fordern die Verbände die Bundesregierung auf, sich im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft mit aller Kraft für ein ehrgeiziges Gesamtziel von 25 Prozent Erneuerbarer Energien an der Energieerzeugung 2020 und insbesondere für sektorale Mindestziele von 35 Prozent für Strom 25 Prozent für Wärme und 20 Prozent für Kraftstoffe aus Erneuerbaren Energien einzusetzen. Nur so könne langfristig die dramatische Abhängigkeit der EU von Öl- und Gasimporten reduziert und die Emission von Treibhausgasen verringert werden.

„Es besteht die große Gefahr“, so Milan Nitzschke, Geschäftsführer des BEE, „dass die neue EU-Energiepolitik vor allem auf Kernkraft und vermeintlich CO2-freie Kohlekraftwerke und damit wieder auf zentrale Risikotechnologien setzt, statt die vorhandenen riesigen Potenziale an Erneuerbaren Energien so schnell wie möglich auszubauen. In der deutschen EU-Ratspräsidentschaft muss die Bundesregierung dies verhindern.

Der EU-Kommission fehlt es an Mut für verbindliche und genau umrissene Zielvorgaben“, so Nitzschke weiter. Die Kommission beschwöre zwar die Erneuerbaren Energien in ihrem Maßnahmenkatalog als wichtige Säule der Energieversorgung und des Klimaschutzes, konkrete Ausbau-Ziele für das Jahr 2020 für die Sektoren Strom Wärme und Kraftstoff nenne sie aber nicht. Stattdessen sei die allgemeine Festsetzung eines 20-Prozent-Ziels für Erneuerbare Energien bis 2020 geplant.

Nitzschke: „Wenn alle Staaten den Ausbau Erneuerbarer Energien so engagiert vorantreiben würden, wie Deutschland dies bisher getan hat, könnten wir ein solches Ziel schon in weniger als zehn Jahren überschreiten. Die bisherigen unverbindlichen Zielsetzungen lassen den Mitgliedsstaaten und Energieversorgern zuviel Spielraum, um auch weiterhin nichts für Klimaschutz und Versorgungssicherheit zu unternehmen.“ So sei schon heute abzusehen, dass die aktuelle Zielvorgabe von zwölf Prozent bis 2010 verfehlt werde, da zu viele Mitgliedsstaaten die laxe Vorgabe als Aufforderung zum Nichtstun verstehen würden.

Gerhard Stryi-Hipp, Geschäftsführer des BSW: „Nur konkrete sektorale Ziele für Strom Heizen/Kühlen und Kraftstoffe sorgen dafür, dass auch die Erneuerbaren-Energien-Technologien vorangetrieben werden, die erst mittelfristig wirtschaftlich sein können. Wir brauchen künftig alle Erneuerbaren Energien und müssen sie deshalb parallel entwickeln. Die EU-Kommission muss hier umdenken.“

Kritisiert wird auch, dass die Initiative für eine regenerative Wärme- und Kälte-Richtlinie zurückgestellt wurde. Angesichts der großen Erfolge der EU-Richtlinie für Strom aus Erneuerbaren Energien sei es nicht hinnehmbar, dass es immer noch kein Instrument zur Förderung der Wärmeerzeugung durch Erneuerbare Energien gibt. Ohne konkrete Zielvorgabe für den Wärmebereich, so Stryi-Hipp, dominierten klimaschädliches Öl und Gas weiter die Wärmeerzeugung und man verschenke riesige Potenziale im Bereich Wärme aus klimaschützender Solarenergie Biomasse und Erdwärme.

Ralf Bischof, Geschäftsführer des BWE: „Die gezielte Förderung Erneuerbarer Energien zahlt sich aus: Durch eine kluge Förderpolitik der Bundesregierung seit 1991 ist etwa die Windenergie spätestens 2015 konkurrenzfähig und Solarstrom ist ab 2018 günstiger als der Endkundenstrompreis. Heute schon verringern Windenergie und andere regenerative Stromquellen in Deutschland den Zukauf teurer Emissionshandelszertifikate und vermeiden den Einsatz teurer Grenzkraftwerke. Die so erzielten Einsparungen übertreffen die jährliche Förderung bei weitem.

Die Verbandsvertreter bemängelten zudem, dass die EU-Kommission unausgegorene Technologievisionen wie das angeblich „CO2-freie“ Kohlekraftwerk oder Subventionsfresser wie die Kernenergie unter der Rubrik Klimaschutz einordne. Bislang wisse keiner, wo man die Milliarden von Tonnen Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken sicher endlagern könne. Bekannt seien aber die Kosten: Nach Einschätzung einer Enquete-Kommission des Bundestags würde das „CO2-freie“ Kohlekraftwerk die Stromerzeugungskosten mehr als verdoppeln.

Quelle: Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE)


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