DUH: Deutsche Pkw-Besteuerung torpediert Energiewende
Die Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH) wirft der Bundesregierung vor, den Erfolg der Energiewende in einem der wichtigsten Politikfelder zu verhindern. Deutschland betreibe die weltweit absurdeste Förderpolitik für klimaschädliche Pkw. Nach Auffassung der DUH kann und muss sich die Bundesregierung an den zahlreichen positiven Regelungen anderer europäischer Staaten orientieren, die den Klimaschutz im Straßenverkehr durch entsprechende Steuer- und Anreizsysteme wirkungsvoll vorantreiben.
Die Umweltschutzorganisation forderte deshalb eine Reform der deutschen Pkw-Besteuerung und präsentierte Grundzüge eines entsprechenden Steuermodells für Dienst- und Privatfahrzeuge. „Die Energiewende in Deutschland ist möglich und notwendig. Sie wird aber nur funktionieren, wenn die Bundesregierung auch endlich ihre klimapolitische Geisterfahrt in der Verkehrspolitik beendet und sich nicht länger von den übermächtigen deutschen Autobauern die Hand führen lässt“, sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.
„Bislang wird die Energiewende im Verkehrsbereich durch eklatante Fehlanreize bei der Pkw-Besteuerung torpediert und die Staatskasse belastet. Das muss ein Ende haben“, forderte Resch und erklärte, dass sich allein die unbegrenzte steuerliche Abzugsfähigkeit von extrem klimaschädlichen, hochmotorisierten Fahrzeugen auf zirka 5,5 Milliarden Euro pro Jahr summiert.
Die DUH hatte in einem europäischen Ländervergleich untersucht, wie und in welchen Steuer-, Abgaben- und Anreizsystemen die einzelnen Staaten den Kauf von klimaschädlichen Spritschluckern verteuern und unattraktiv machen. Durch große Unterschiede in der Besteuerung zu spritsparenden Fahrzeugen kann so die Klimabelastung eindrucksvoll gesenkt werden. Die bundesdeutsche Förderung übermotorisierter und spritschluckender Pkw dagegen führt laut DUH auch zu einer zunehmenden finanziellen Belastung von Bürgern und Unternehmen durch die viel zu hohen Spritkosten ihrer beim Kauf fehlsubventionierten Fahrzeuge.
Laut einer vom europäischen Fachverband Transport & Environment für das Jahr 2010 ermittelten Übersicht belegt Deutschland hinsichtlich des durchschnittlichen CO2-Ausstoßes der Neuzulassungen im Kreis der 27 EU-Staaten einen der letzten Plätze. Nur Zypern, Bulgarien, Litauen und Estland schneiden schlechter ab. Im Gegensatz zu Dänemark und Portugal, die die Gruppe mit einem durchschnittlichen CO2-Wert von 127 g/km anführen, liegt der deutsche CO2-Mittelwert bei neuen Pkw im Jahr 2010 bei 151 g/km.
Während zwischenzeitlich alle großen europäischen Volkswirtschaften ernst machen mit klimapolitischen Anreizen bei der Pkw-Zulassung setzt Deutschland gegenteilige Anreize. Durch die nach oben unlimitierte Subvention von bis zu 58 Prozent des Kaufpreises (bei Dienstwagen) steigt faktisch der vom Bundesfinanzminister erstattete Förderbeitrag mit Motorisierung und Spritverbrauch des Neuwagens an. Die deutsche Pkw-Besteuerung entfaltet so eine antiökologische Lenkungswirkung.
Dies beginnt bereits bei der Zulassungsgebühr von einheitlich 30 Euro in Deutschland, unabhängig von Motorisierung und Spritverbrauch. In den meisten anderen EU-Staaten fallen hingegen vier- bis sechsstellige, in der Regel nach CO2-Ausstoß beziehungsweise. Kaufpreis abgeleitete Zulassungskosten an. So beträgt diese für eine Luxuslimousine (Audi A8 L mit 500 PS und 277 g CO2/km) in den Niederlanden 49.202 Euro, in Irland 50.307 Euro und in Dänemark sogar 249.884 Euro.
Gleichzeitig fördern viele europäische Nachbarländer die Anschaffung spritsparender Modelle: Während die Zulassung eines Pkw mit mehr als 140 g CO2/km in Frankreich mit einem Malus von bis zu 3.600 Euro bestraft wird, erhalten Käufer eines spritsparenden Modells unter 105 g CO2/km einen Bonus. Für ein Hybridauto wie den Toyota Prius mit 89 g CO2/km erhält man vom französischen Staat 2.000 Euro.
Auch die jährlich zu zahlenden Kfz Steuern sind in Dänemark, Irland und den Niederlanden für Fahrzeuge mit hohem Kraftstoffverbrauch um bis zu fünf Mal höher als in Deutschland. Unternehmen in Frankreich haben darüber hinaus eine gesonderte Kfz-Steuer zu zahlen, die Modelle mit hohem CO2-Ausstoß besonders stark belastet: Wird ein BMW 528i in Frankreich als Firmenwagen genutzt, muss das Unternehmen rund 1.830 Euro pro Jahr bezahlen – mehr als den zehnfachen Betrag, der für einen spritsparenden Toyota Prius fällig wäre.
Auch bei der Absetzbarkeit der Fahrzeugkosten von Firmenwagen wird in Deutschland der CO2-Ausstoß komplett ignoriert. Die bis zu 58 Prozent erreichende Steuerrückerstattung gilt ohne Obergrenze bei Kaufpreis und CO2-Ausstoß. Ein hiesiges Unternehmen kann bei einem Audi A8 (277 g CO2/km) den kompletten Anschaffungspreis von 138.300 Euro steuerlich absetzen und bekommt in diesem Fall über sechs Jahre bis zu 80.214 Euro an Subventionen rückerstattet.
Frankreich setzt absolute Obergrenzen auf Basis der CO2-Emissionen. Für den oben genannten Audi A8 können Firmen nur 9.900 Euro steuerlich geltend machen. In Irland ist die Absetzbarkeit sogar noch strenger geregelt: Die Anschaffungskosten von Pkw mit CO2 Emissionen von über 190 g/km sind überhaupt nicht steuerlich absetzbar.
„Die Privilegien für hochmotorisierte Firmenwagen müssen auch in Deutschland ein Ende haben. Zumal eine Modellpolitik hin zu Fahrzeugen mit geringerem Kraftstoffverbrauch auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie im Ausland stärken würde“, erklärte Resch. Entsprechend fordert die DUH eine ökologische Steuerreform bei Pkw, sowohl bei privat wie auch gewerblich zugelassenen Fahrzeugen mit folgenden vier Elementen:
1. Bei der Zulassung sollten zukünftig nach französischem Modell besonders spritsparende Fahrzeuge bei der Erstzulassung einmalig mit einem Bonus von bis zu 2.000 Euro gefördert und Spritschlucker mit bis zu 10.000 Euro belastet werden.
2. Bei Dienstwagen wird eine Obergrenze für die Absetzbarkeit des Anschaffungspreises von 40.000 Euro eingeführt.
3. Darüber hinaus können Dienstwagen bis zu diesem Wert nur dann zu 100 Prozent steuerlich absetzbar sein, wenn das Fahrzeug weniger als 120 g CO2/km ausstößt. Bis 140 g CO2/km sinkt die Absetzbarkeit auf 66 Prozent, bis 160 g CO2/km auf 33 Prozent und über 160 g CO2/km sollten zukünftig Dienstwagen grundsätzlich nicht mehr absetzbar sein.
4. Was die steuerliche Absetzbarkeit der Betriebskosten angeht, wird eine Obergrenze in Höhe des jeweils steuerlich geltenden Pauschalbetrags (derzeit 30 Cent/km) eingeführt.
DUH-Hintergrundpapier Pkw-Besteuerung
Quelle: Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH)
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