Deutsche Energiewende „muss Bürgerinnen und Bürger mitnehmen“
Ein wichtiger Pfeiler der Energiewende in Deutschland ist die energetische Sanierung von Wohngebäuden. Um aber die Klimaschutzziele der Bundesregierung zu erreichen, würden immer noch zu wenige der rund 15 Millionen sanierungswürdigen Ein- und Zweifamilienhäuser in Deutschland erneuert, betont Dr.-Ing. E. h. Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Neue Ideen, wie diese Blockade aufgehoben werden kann, diskutierten Expertinnen und Experten aus Kommunen, Klimaschutz-, Hausbesitzer-, und Handwerksverbänden im Zentrum für Umweltkommunikation (ZUK) der DBU.
Einig waren sich die Fachleute auf dem Podium: Die Sanierungsrate könne nur gesteigert werden, wenn man die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer auf allen verfügbaren Kanälen auf die Vorteile der energetischen Sanierung aufmerksam macht. Die Qualität der Beratung müsse dabei aber gesichert bleiben.
„Allein können wir wenig erreichen, aber wenn wir es als Partner gemeinsam schaffen, noch mehr Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer zum Sanieren zu motivieren, haben wir für den Klimaschutz und unsere Ziele viel gewonnen“, sagte Brickwedde zur Eröffnung. Deshalb sei es so wichtig, „die Bürger mitzunehmen“. Ein gutes Instrument hierfür präsentierte die DBU selbst.
Vor rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gab der Projektleiter der seit 2007 laufenden DBU-Klimaschutzkampagne „Haus sanieren – profitieren“, Andreas Skrypietz, einen Einblick in deren bisherige Bilanz. „Mit dem Herzstück der Kampagne, einem kostenlosen Energie-Check, bieten wir ratsuchenden Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern grundlegende Infos, die sie brauchen, wenn sie in eine Sanierung einsteigen und damit zum Klimaschützer werden möchten“, so Skrypietz. In dem bundesweiten Projekt fänden sich zahlreiche Modell-Beispiele rund um die Ansprache und Motivation von Bürgern.
Malermeister Roland Paduch aus Hamm, der den Energie-Check in seinem Betrieb einsetzt, bestätigte, dass 20 Prozent seiner Aufträge hierauf zurückzuführen seien. „Der Check ist ein ausgezeichnetes Instrument, um bei Neukunden einen Gesprächseinstieg zu bekommen“, so Paduch. Auch in der Region Harz werde die Kampagne vom Handwerk und anderen Partnern gut aufgenommen: Während Ende 2011 nur zwei Betriebe den Energie-Check im Landkreis Harz anboten, gebe es in der Region heute schon 18 Kooperationspartner, erklärte „Haus sanieren – profitieren“-Regionalbetreuer Dirk Fanslau-Görlitz.
In einer Podiumsdiskussion erörterten Corinna Merzyn, Geschäftsführerin vom Verband privater Bauherren, Karl-Sebastian Schulte, Geschäftsführer des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Dr. Dag Schulze, Energiereferent des Klima-Bündnisses, Bernd Düsterdiek, Dezernatsleiter Umwelt und Städtebau im Deutschen Städte- und Gemeindebund, sowie Felix Gruber, Leiter des Referats Umweltkommunikation der DBU, wie eine gemeinsame Strategie für die wirkungsvolle Sanierung des deutschen Gebäudebestandes aussehen kann.
„Wir müssen das Haus als System begreifen und den Hausbesitzerinnen und Hausbesitzern einen individuellen Sanierungsfahrplan anbieten“, sagte Schulte. Die Gewerke übergreifende Zusammenarbeit und begleitende Planung sei wichtig, um Vertrauen zu stärken. Die DBU wolle dafür eine Kommunikationsplattform bieten, in der alle Akteurinnen und Akteure der energetischen Gebäudesanierung – Handwerker/innen, Energieberater/innen, Architekt/innen, aber auch Finanzdienstleister/innen, Kommunen, Bildungseinrichtungen und weitere – voneinander lernen, sagte Gruber.
Die Kampagne, die seit 2007 von der DBU gefördert wird, soll bundesweit die Hemmschwelle für Ein- und Zweifamilienhausbesitzer/innen senken, sich mit energetischer Gebäudesanierung auseinanderzusetzen. Sie setzt unterhalb der bestehenden Beratungsinstrumente an und ergänzt sie durch eine niedrigschwellige Erstansprache. Dadurch könne die Sanierungsrate erhöht und ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden, betont Brickwedde. Auch die Arbeitsplätze im Handwerk könnten so nachhaltig gesichert werden.
Seit dem Start von „Haus sanieren – profitieren“ wurden bundesweit mehr als 12.000 Handwerker darin geschult, den Energie-Check durchzuführen. Regelmäßig durchgeführte Hausbesitzerbefragungen des Marktforschungsunternehmens „Produkt + Markt“ ergeben: Knapp jeder zweite kostenlose Energie-Check führt zu einem Auftrag im Handwerk. Seit Kampagnenstart wurden mehr als 358.000 kostenlose Energie-Checks bundesweit durchgeführt. Rund 230 Handwerkskammern, Kreishandwerkerschaften und Fachverbände bieten Seminare für ihre Betriebe an.
Hochgerechnet über die bisherige Laufzeit der Kampagne flossen mit Hilfe des Energie-Checks mehr als 4,1 Milliarden Euro an Investitionen in den Gebäudebereich. Rund 538.000 Tonnen Kohlendioxid können pro Jahr durch erfolgte Sanierungen eingespart werden. Gleichzeitig wurden mehr als 100.000 Energieberatungen angestoßen.
Quelle: Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
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