Rio+20: Erster Weltatlas zum Ressourcenverbrauch veröffentlicht
Die globalisierte Weltwirtschaft ist von wachsenden Unterschieden im pro-Kopf Verbrauch von Ressourcen geprägt. Insgesamt stieg der Ressourcenverbrauch weltweit sogar schneller als die Bevölkerung. Dieser steigende Rohstoffhunger führt zu sozialen und ökologischen Konflikten. Am Sustainable Europe Research Institute (SERI) in Wien wurde jetzt der erste vollständige Weltatlas zur Ressourcennutzung öffentlich vorgestellt.
Der Weltatlas zeigt erstmals die Entwicklung des Rohstoffverbrauchs und der Ressourceneffizienz aller Länder weltweit in den letzten 30 Jahren. Berücksichtigt wurden dabei sowohl abiotische Rohstoffe wie fossile Energieträger, Mineralien und Metalle wie auch biotische Rohstoffe aus Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei.
Ausgangspunkt der Studie war die Frage, ob es gelingen kann, dass alle Länder der Welt ein „grünes“ Wachstum erreichen, so wie es im Konzept der „Green Economy“ diskutiert wird. Die Autorinnen und Autoren der Studie äußern daran starke Zweifel, denn unser derzeitiges Wirtschaftssystem hängt noch immer zu stark vom Input von natürlichen Ressourcen ab. Der weltweite Verbrauch an Rohstoffen hat sich zwischen 1980 und 2008 fast verdoppelt und liegt heute bei etwa 70 Milliarden Tonnen pro Jahr, mit stark steigender Tendenz.
Die globalisierte Weltwirtschaft ist von wachsenden Unterschieden im pro-Kopf Verbrauch von Ressourcen geprägt. Dabei begegnen starke Wachstumsdynamiken in aufstrebenden Schwellenländern wie etwa China oder Brasilien dem konstant hohen Verbrauch der reichen Industrienationen. Insgesamt stieg der Ressourcenverbrauch weltweit sogar schneller als die Bevölkerung. Heute verbraucht ein Mensch im globalen Durchschnitt etwa 10 Tonnen Ressourcen pro Jahr - in Österreich sind es etwa 19 Tonnen, in den reichen ölexportierenden Emiraten am Persischen Golf über 100 Tonnen, in Bangladesh lediglich 2 Tonnen pro Person.
In den letzten dreißig Jahren kam es zwar in vielen Ländern zu relativen Verbesserungen im effizienten Einsatz der entnommenen Rohstoffe. Global gesehen gewinnt die Menschheit heute etwa 40 Prozent mehr ökonomische Wertschöpfung aus einer Tonne Rohstoff als noch vor 30 Jahren. Diese Verbesserungen konnten aber den Zuwachs an konsumierten Ressourcen nicht ausgleichen.
Die Weltwirtschaft wächst, und somit produzieren und konsumieren wir auch immer mehr. Die Effizienzgewinne werden daher durch das Wirtschaftswachstum mehr als kompensiert. Dieser steigende Rohstoffhunger führt zu sozialen und ökologischen Konflikten, gerade wenn die wahren Kosten der zunehmenden Nachfrage nach immer knapper werdenden Ressourcen in andere Länder und Weltregionen „exportiert“ werden.
Bei der Konferenz in Rio de Janeiro wird diskutiert, wie eine hohe Lebensqualität für Menschen in allen Ländern erreicht und eine ökologische Katastrophe verhindert werden kann. Die Studie argumentiert, dass es dazu zu einer „Dematerialisierung“ der Wirtschaft vor allem in den reichen Industrienationen kommen muss. Dies kann letztendlich nur durch ein radikales Umdenken in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erreicht werden.
Es braucht langfristige, politische Zielwerte, wie sich die Weltgemeinschaft in den nächsten Jahrzehnten entwickeln soll; Prozesse wie die „Leitinitiative Ressourceneffizienz“ der Europa 2020 Strategie der Europäischen Union beschäftigen sich bereits mit dem Finden solcher Zielwerte. Zusätzlich braucht es aber auch einen fundamentalen Wertewandel in den Gesellschaften vor allem der reichen Industrienationen: Wir brauchen neue Lebens- und Konsumstile, und müssen uns die Frage stellen: Was macht ein gutes Leben, abseits des materiellen Konsums, aus?
Zur Studie: www.lebensart.at/images/doku/green-economies-around-the-world.pdf
Quelle: Sustainable Europe Research Institute (SERI)
|