Artikel vom 15.08.2012, Druckdatum 15.11.2024

Wie teuer wird die Energiewende?

Die aktuelle energiepolitische Diskussion kreist immer wieder um die Frage, wie teuer die Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Quellen wird. Im Umlauf sind sehr unterschiedliche Einschätzungen, ob der Ausbau der Erneuerbaren Energien ein volkswirtschaftlicher Gewinn oder eine Belastung wird. Die Bewertung hängt insbesondere davon ab, wie die Kostenentwicklung der fossilen Energieversorgung prognostiziert wird. „Nur wer die zukünftigen Preise von Öl, Gas und Kohle nicht unterschätzt, kann den ökonomischen Nutzen der Erneuerbaren Energien richtig beurteilen“, sagt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien.

Die heutige Energieversorgung basiert zum Großteil auf dem Einsatz der fossilen Rohstoffe Kohle, Öl und Erdgas. Die Bundesregierung hat das Ziel, das Versorgungssystem bis 2050 zu mindestens 60 Prozent auf regenerative Quellen umzustellen. Um diesen grundlegenden Umbau ökonomisch zu bewerten, ist ein Vergleich der Kosten Erneuerbarer Energien mit den Kosten einer fossilen Energieversorgung erforderlich. Denn die Preise fossiler Brennstoffe bestimmen die aktuellen Ausgaben unserer Volkswirtschaft für Energieimporte und sind eine wesentliche Größe für die Stromgestehungskosten fossiler Kraftwerke.

Die Annahmen verschiedener energiewirtschaftlicher Studien zur Preisentwicklung fossiler Energieträger gehen stark auseinander. Ein Vergleich von Studien, die in den vergangenen drei Jahren veröffentlicht wurden, zeigt, dass die Annahmen für das Jahr 2030 teilweise um 150 Prozent voneinander abweichen. Beispielsweise schätzt die „Energieprognose 2009“ der Institute IER/RWI/ZEW den Importpreis für eine Tonne Steinkohle im Jahr 2030 auf 76 Euro2010, wohingegen die Leitstudie 2010 des Bundesumweltministeriums von über 200 Euro2010 pro Tonne ausgeht. Zum Vergleich: 2011 lag der Importpreis für eine Tonne Steinkohle bei 104,7 Euro2010. Beispiele für solch stark voneinander abweichende Preisannahmen gibt es auch bei Gas- und Ölimporten.

Besonders interessant ist der Vergleich der Annahmen zur künftigen Entwicklung der Energiepreise in den energiepolitisch relevanten Studien vor dem Hintergrund der bisherigen Preisentwicklung. So lag der Importpreis für Rohöl im Jahr 2011 bereits bei rund 580 Euro2010 pro Tonne, also deutlich höher, als einige Studien für die nächsten zehn Jahre annehmen. „Mit Blick auf die Preissteigerungen der vergangenen Jahre erscheinen Prognosen, die von einem stagnierenden oder gar sinkenden Preis fossiler Energieträger ausgehen, als sehr unrealistisch“, urteilt Vohrer.

Die Differenzen bei den Preisannahmen haben entscheidende Konsequenzen für die Abschätzung der volkswirtschaftlichen Kosten. Rechnet man auf Basis der Minimalannahmen die im Jahr 2011 importierten Energiemengen hoch, entstünden 2030 Importkosten von 60 Milliarden Euro2010. Legt man stattdessen die Studien mit den höchsten Energiepreisannahmen für 2030 zugrunde, betrügen die Ausgaben für die gleiche Menge fossile Energieimporte hingegen 140 Milliarden Euro2010. Die Ausgaben für fossile Energieimporte könnten also auch mehr als doppelt so hoch ausfallen.

„Wer die Ausgaben für fossile Energieträger systematisch kleinrechnet, bringt die aktuelle Diskussion über die Kosten der Energiewende in eine gefährliche Schieflage“, warnt Vohrer. Denn die Energieversorgung auf Basis Erneuerbarer Energien erscheint umso teurer, wenn Studien für die Zukunft niedrige fossile Energiepreise sowie geringe CO2-Preise vorgeben. „Solche Prognosen spielen jenen in die Hände, die im Ausbau der Erneuerbaren Energien lediglich Belastungen und mögliche Wachstumseinbußen der Volkswirtschaft sehen wollen“, so Vohrer weiter. 

Und das, obwohl gerade der Ausbau der Erneuerbaren Energien eine bedeutende Rolle für die erfolgreiche Entwicklung von Volkswirtschaften spielt: „Im Gegensatz zu einer rohstoffbasierten Energieversorgung, die von sich verknappenden Ressourcen oder geopolitischen Entwicklungen abhängig ist, ist die Kostenentwicklung der Erneuerbaren Energien langfristig kalkulierbar.“ Sie wird vor allem durch technologische Entwicklungen und den dazu erforderlichen Kapitaleinsatz beeinflusst. 

„Vor diesem Hintergrund ist die aktuelle Förderung der Erneuerbaren Energien eine Investition, die sich mittelfristig für die Volkswirtschaft auszahlen wird“, betont Vohrer. Die Förderung sei erforderlich, damit die Erneuerbaren Energien in der Lage sind, sich gegenüber bereits eingeführten Techniken auf dem Markt zu behaupten und wettbewerbsfähig zu werden.

Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien
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